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Trump auf dem Weg nach Davos.

Foto: AP/Manuel Balce Ceneta

Im US-Senat beginnt am Dienstag der inhaltliche Teil des Amtsenthebungsverfahrens gegen Präsident Donald Trump. DER STANDARD wird live berichten.

Der Senat kommt um 13 Uhr Ortszeit (19 Uhr MEZ) zusammen. Dann müssen Verfahrensfragen geklärt werden. Eine vorbereitete Resolution des führenden Republikaners in der Kammer, Mitch McConnell, sieht für die Eröffnungsplädoyers der Anklagevertreter und Verteidigung jeweils 24 Stunden vor – verteilt auf jeweils zwei Tage. Damit könnte es zu zwölfstündigen Marathonsitzungen gleich in den ersten Tagen des Verfahrens kommen.

Wann der Senat eine Entscheidung im Amtsenthebungsverfahren trifft, ist völlig unklar. Abhängen wird es auch davon, ob neue Zeugen gehört werden oder nicht. Darüber streiten Republikaner und Demokraten seit Wochen. Die Demokraten pochen darauf, dass Zeugen geladen und Dokumente angefordert werden, die Trump be- oder entlasten könnten. Die Republikaner könnten ihnen aber einen Strich durch die Rechnung machen.

Die Abstimmung darüber, ob neue Beweise herangezogen werden, soll erst später im Prozess stattfinden. Stimmt der Senat dafür, sollen beide Seiten Zeugen vorschlagen können, über die die Senatoren dann erneut abstimmen müssten. So sehen es zumindest die vorgeschlagenen Verfahrensregeln vor.

"Verdrehung der Verfassung"

Die Republikaner drängen auf einen schnellen Prozess. "All das ist eine gefährliche Verdrehung der Verfassung, was der Senat schnell und eindeutig verurteilen sollte", erklärten sie am Montag in einer ausführlichen Stellungnahme, in der die Argumente zur Verteidigung Trumps dargelegt wurden.

Die Demokraten werfen Trump Machtmissbrauch und Behinderung der Ermittlungen des Repräsentantenhauses vor. Trump habe seinen Eid verletzt, indem er versucht habe, bei den Wahlen zu "schummeln" und die nationale Sicherheit zu untergraben. Trump soll den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden von den Demokraten gedrängt haben, um im US-Wahlkampf einen persönlichen Nutzen daraus zu ziehen.

Von der Ankündigung solcher Ermittlungen habe Trump ein Treffen mit Selenskyj im Weißen Haus und die Freigabe von Militärhilfe in Höhe von rund 400 Millionen Dollar (360 Millionen Euro) für die Ukraine abhängig gemacht, so der Vorwurf. Für seine Schuld habe das Repräsentantenhaus "überwältigende Beweise" angehäuft, erklärten die sieben Anklagevertreter des Repräsentantenhauses am Montag.

"Hörensagen"

Trumps Verteidiger argumentieren, mit Blick auf die Ukraine habe er sich nichts zuschulden kommen lassen. "Annahmen, Vermutungen und Spekulationen auf Grundlage von Hörensagen" sei das einzige, auf das sich die Demokraten berufen könnten, um ihre "Fabel" weiterspinnen zu können, dass Trump von der Ukraine eine Gegenleistung gefordert habe. Die Verteidiger erklärten praktisch die komplette Anklage für ungültig: Die Anklagepunkte seien nicht nur "dünn" und unspezifisch, sondern auch verfassungswidrig.

Etwas als Machtmissbrauch zu bezeichnen, "das reicht nicht aus", hieß es von Personen, die mit Trumps Rechtsteam zusammenarbeiten: "Es muss ein Verstoß gegen geltendes Recht vorliegen." Machtmissbrauch als Grund für ein Impeachment anzuführen, würde die Präsidentschaft nachhaltig schwächen und der Gewaltenteilung Schaden zufügen.

"Schlimmster Alptraum"

Als Gründe für ein Impeachment nennt die Verfassung "Hochverrat, Bestechung oder andere schwere Verbrechen und Vergehen" – eine nähere Definition gibt es nicht. Machtmissbrauch sei sehr wohl ein Vorwurf, der ein Amtsenthebungsverfahren rechtfertige, argumentierten unterdessen die Anklagevertreter und schreiben über den Präsidenten: "Er ist der schlimmste lebendig gewordene Alptraum unserer Gründerväter."

Trump sucht derzeit das globale Rampenlicht. Am Dienstag eröffnete er mit einer Rede offiziell die 50. Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums in Davos. Dort hat er sich wie üblich unter Verweis auf die niedrige Arbeitslosenquote in den USA als meisterhafter Lenker des Wirtschaftsgeschehens darstellen. Trump ärgert das Amtsenthebungsverfahren aber gewaltig. Zwar muss er eine Amtsenthebung wegen der republikanischen Mehrheit im Senat nicht fürchten. Ein Makel ist das Verfahren aber allemal. (red, APA, 21.1.2020)