In Assen wurde der Fall am Dienstag erstmals dem Gericht vorgelegt. Das eigentliche Verfahren hat noch nicht begonnen.

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Assen/Ruinerwold/Wien – Jener Vater, der mit seiner Familie isoliert auf einem niederländischen Bauernhof lebte, hat laut Anklage seine sechs Kinder über Jahre hinweg misshandelt. Der 67-Jährige soll zudem eine Tochter und einen Sohn im Alter von damals zwölf bis 15 Jahren mehrfach vergewaltigt haben, heißt es in der Anklage: "Es sind Straftaten gegen Kinder in einer extrem abhängigen Situation", sagte Staatsanwältin Diana Roggen vor Gericht in Assen.

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Den Missbrauch der beiden Kinder habe er damit gerechtfertigt, dass ein "weiblicher Geist" oder der Geist ihrer toten Mutter in die Kinder gefahren sei, erläuterte die Staatsanwältin. Der Niederländer Gerrit Jan van D. habe die sechs Kinder neun Jahre lang "psychisch gefangen gehalten".

Freiheitsberaubung und Geldwäsche

Gut drei Monate nach Entdeckung der Familie auf dem Hof im ostniederländischen Dorf Ruinerwold wurde der Fall jetzt erstmals dem Gericht vorgelegt. Der Vater sowie der Österreicher Josef B. (58), der den Hof gemietet hat, werden der Freiheitsberaubung und Geldwäsche beschuldigt. Der nach einem Schlaganfall gelähmte Gerrit Jan van D. erschien nicht vor Gericht.

Drohung mit "bösen Geistern"

Der Vater wollte die Kinder laut Anklage von der Welt fernhalten und drohte ihnen bei Kontakt mit der Außenwelt mit "bösen Geistern". Die Kinder sagten demnach, dass sie auch geschlagen und getreten worden seien. Weitere Strafen seien das Zudrücken der Kehle und stundenlanges Sitzen in kaltem Wasser gewesen.

Die Polizei hatte die Familie im Oktober in einem geheimen Raum hinter einem Kasten entdeckt. Zuvor hatte der älteste Sohn im Dorfwirtshaus um Hilfe gebeten. Drei ältere Kinder waren schon früher geflohen. Die Mutter war 2004 gestorben. Das Hauptverfahren wird möglicherweise erst nach dem Sommer eröffnet.

Österreicher bestreitet die Vorwürfe

Josef B. hat in Assen vor Gericht alle Vorwürfe abgestritten. "Es ist absolut nichts wahr! Es gibt keinen Keller, und niemand wurde eingesperrt", zitierte ihn am Dienstag die niederländische Zeitung "De Telegraaf" auf ihrer Internetpräsenz.

"Ich habe ein reines Gewissen", sagte er laut ORF-Korrespondentin Veronika Fillitz bei der ersten öffentlichen Anhörung vor Gericht. Der Bauernhof sei wie ein Kloster gewesen. Wo sei das Verbrechen?, fragte er. Er kritisierte die "Anmaßung", "über die Religion anderer zu urteilen", zitierte sie den Angeklagten auf ihrem Twitter-Account. (APA, 21.1.2020)