Eine Bloggerin aus China und eine Bewohnerin von Momchilovtsi kommen ins Gespräch.

Foto: BR 2019/Till Rüger

Dass chinesische Touristen gerne ins kleine Hallstatt strömen, ist bekannt. Warum aber pilgern ganze Abordnungen aus dem Reich der Mitte nach Momchilovtsi, ein verschlafenes Bergdorf in den bulgarischen Rhodopen? Den weit gereisten Besuchern des 1200-Seelen-Ortes hat es der "Lactobacillus bulgaricus" angetan, ist in der Reportage Jungbrunnen Joghurt? der Arte-Reihe Re: am Mittwochabend bzw. in der Sender-Mediathek zu erfahren: Das traditionelle Milchprodukt des Ortes wird nämlich für seine lebensverlängernde Wirkung gerühmt.

Tatsächlich wirken die interviewten über 90-jährigen Dorfbewohner recht frisch. Und keineswegs unkritisch gegenüber dem Aufwand, der mit einem Joghurtfest jedes Jahr für die Besucher getrieben wird.

Es dauert nicht lange, bis Ernüchterung einkehrt. Die Hoffnung, die sich hier alle teilen, ist weniger jene auf ein langes Leben denn die auf gute Geschäfte. Während die Bulgaren versuchen, mit dick aufgetragener Folklore gute Stimmung für nachhaltige Investitionen zu machen, ist der Ortsname Momchilovtsi für die chinesische Staatsmolkerei vor allem eine lukrative Marke, mit deren Namen sich die eigenen Produkte vermarkten lassen. Das Joghurtfest liefert dafür die Bilder, die chinesische Bloggerin kommt, weil sie den Werbebotschafter verehrt. Und wie steht es nun um die lebensverlängernde Wirkung des Joghurts? Zumindest für die Wunder des Marketings wird ein Beleg geliefert, wenn ein chinesischer Jugendlicher meint: "Es steht auf der Packung." (Karl Gedlicka, 22.1.2020)