Polarlicht über Norwegen: Die Leuchterscheinung entsteht, wenn geladene Teilchen des Sonnenwinds über die Feldlinien der Magnetosphäre auf die Erdatmosphäre treffen.

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Künstlerische Darstellung der Magnetfelder von Erde und Mars vor 4,2 Milliarden Jahren. Der Mars konnte mangels festen Kerns keinen erdähnlichen Dynamo aufbauen und verlor sein globales Magnetfeld wieder – mit dramatischen Folgen.

Illustration: Michael Osadciw/John A. Tarduno/University of Rochester

Das Erdmagnetfeld ist unverzichtbar für das Leben auf unserem Planeten: Es dient nicht nur etlichen Tierarten zur Orientierung, sondern schützt uns Erdenbewohner vor tödlicher hochenergetischer Teilchenstrahlung aus dem All. Ohne diesen Schutzschild wären wir einer viel höheren Strahlenbelastung durch die Sonne und andere Sterne ausgesetzt, die unsere Zellen und deren DNA schädigen würde.

Forscher nehmen daher an, dass das Erdmagnetfeld auch eine wichtige Voraussetzung für die Entstehung von Leben auf unserem Planeten gewesen sein könnte. Seit wann genau es aber existiert und wie es sich in seiner Frühzeit entwickelte, ist bisher nicht eindeutig geklärt.

John Tarduno von der Universität Rochester und Kollegen kommen nun durch die Datierung uralter Einschlüsse in Mineralen zum Schluss, dass sich das Magnetfeld schon vor rund 4,2 Milliarden Jahren gebildet haben muss – lange, bevor der heute wirksame Geodynamo existierte. Wie die Wissenschafter im Fachblatt "PNAS" schreiben, wurde dieses frühe Magnetfeld durch einen anderen Prozess angetrieben – und war überraschend stark.

Schmelze in Bewegung

Das heutige Erdmagnetfeld wird zum allergrößten Teil vom Geodynamo im äußeren Erdkern erzeugt: Dieser Bereich aus flüssigem Eisen wird durch den enormen Hitzeeinfluss des festen inneren Erdkerns in Bewegung gehalten. Die elektrisch leitenden Strömungen entstehen durch aufsteigendes Material, das sich vom heißen Kern wegbewegt und dann durch Abkühlung wieder absinkt – und so ein Magnetfeld induziert.

Schon in früheren Studien fand das Team um Tarduno die bisher ältesten Hinweise auf einen globalen magnetischen Schutzschild: Sie konnten ferromagnetische Einschlüsse in Zirkonkristallen aus den Jack Hills in Australien nachweisen und auf ein Alter von mehr als vier Milliarden Jahren datieren.

Zunächst nahmen die Forscher an, dass das Magnetfeld zu dieser Zeit noch sehr schwach gewesen sein muss. In ihrer aktuellen Studie untersuchten sie die winzigen Einschlüsse erneut und bestimmten ihr Alter mithilfe der Uran-Blei-Datierung. Das Ergebnis: Sie sind tatsächlich bis zu 4,2 Milliarden Jahre alt. Durch detaillierte Analysen der magnetischen Signatur konnte zudem ausgeschlossen werden, dass die Magnetisierung erst zu einem späteren Zeitpunkt in der Erdgeschichte stattgefunden hat. Die größte Überraschung brachte aber die Rekonstruktion der Magnetfeldstärke: Sie lag demnach vor 4,1 bis vier Milliarden Jahren in einem ähnlichen Bereich wie heute.

Alternativer Geodynamo

Doch wie wurde dieses starke Ur-Magnetfeld erzeugt? Der innere Erdkern wurde erst vor rund 565 Millionen Jahren fest, wie Tarduno und Kollegen im Vorjahr im Fachblatt "Nature Geosciences" nachweisen konnten. Der erste Geodynamo muss also anders angetrieben worden sein.

"Wir vermuten, dass Magnesiumoxid dahintersteckte", sagte Tarduno. Und ein in der Erdgeschichte einzigartig gewaltiges Ereignis: Vor 4,5 Milliarden Jahren kollidierte unser Planet mit einem marsgroßen Himmelskörper, aus den Bruchstücken dieses Zusammenpralls entstand der Mond. Den Forschern zufolge dürfte die Erde durch den Impakt so stark aufgeheizt worden sein, dass sich Magnesiumoxid in ihrem Inneren verflüssigte. Als es im Lauf der Zeit wieder zur Abkühlung kam, kristallisierte das Magnesiumoxid aus – und setzte Konvektionsströmungen in Gang.

Fataler Verlust

"Dieses frühe Erdmagnetfeld war extrem wichtig, denn es schützte die Atmosphäre und das Wasser unseres Planeten, als die Sonnenstürme am stärksten waren", sagte Tarduno. Dieser Prozess könnte auch für die Bewohnbarkeit von Exoplaneten bedeutend sein. Auch unser Nachbarplanet Mars besaß in seiner Frühzeit ein globales Magnetfeld und war lebensfreundlich, verlor es aber etwa 500 Millionen Jahre nach seiner Entstehung – und mit ihm große Teile seines Wassers und seiner Gashülle.

Der Ur-Schutzschild der Erde hielt zwar viel länger, wurde aber im Lauf der Zeit schwächer: Als der Nachschub an flüssigem Magnesiumoxid für den Geodynamo versiegte, kollabierte das Magnetfeld fast, schreiben die Forscher. Doch als sich dann der feste innere Erdkern bildete, kam der heutige Geodynamo in Gang. Wirklich stabil ist das Erdmagnetfeld aber weiterhin nicht: Alle paar Hunderttausend Jahre kommt es zu Phasen starker Instabilität und einer Polumkehr. Zuletzt ist das vor 780.000 Jahren passiert. (David Rennert, 23.1.2020)