EU-Mandatar Othmar Karas kritisiert beim EU-Budget einmal mehr die Nettozahler-Allianz, der auch sein ÖVP-Parteifreund, Kanzler Sebastian Kurz angehört.

Foto: APA / Lukas Huter

Brüssel/Wien – EU-Parlamentsvizepräsident Othmar Karas (ÖVP) sieht die Emission einer europäischen "Zukunftsanleihe" als Möglichkeit, das mehrjährige EU-Budget für die Jahre 2021 bis 2027 zu stärken. Damit könnten die EU-Bürger zum Beispiel in Klimaschutzprojekte investieren, erklärte Karas am Donnerstag in einem Pressegespräch.

Mit der Schaffung der neuen Finanzierungsmöglichkeit will der EU-Abgeordnete die "Pattsituation bereinigen", die durch ein Missverhältnis zwischen den Vorschlägen für den nächsten EU-Finanzrahmen und den ehrgeizigen politischen Zielsetzungen der EU entsteht. Die EU-Kommission tritt für einen Beitrag der EU-Länder in Höhe von 1,114 Prozent der Wirtschaftsleistung ein, der von der finnischen EU-Ratspräsidentschaft als Kompromiss vorgeschlagene Wert liegt bei 1,07 Prozent. Das Europaparlament sieht jedoch 1,3 Prozent als notwendig an, um die geplanten Projekte durchführen zu können.

"Lassen uns nicht erpressen"

"Sollte es zu keiner Haltungsänderung kommen, werden wir uns nicht erpressen lassen", sagte Karas. Sein Vorschlag sei eine "Koalition" mit den Bürgern, der Europäischen Investitionsbank (EIB) und der Europäischen Zentralbank (EZB). Über Volumen, Haftung und Laufzeit der "Zukunftsanleihen" müsse erst diskutiert werden.

Zusammen, aber doch nicht gemeinsam arbeiten Kanzler Kurz und Othmar Karas an Lösungen für das EU-Budget.
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Bereits im November hatte Karas Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen empfohlen, in Zusammenarbeit mit EIB und EZB eine "standardisierte und zweckgebundene europäische Zukunftsanleihe" zu initiieren. Von der Leyen habe sich dazu nicht geäußert. sagte er, aber EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni habe eine positiv reagiert.

Crowdfunding

Als Alternative zu einer "Zukunftsanleihe" sieht Karas Crowdfunding zur Befüllung eines "Zukunftsfonds", wie aus seinem Brief an die EU-Kommissionschefin hervorgeht. Innerhalb der EU wird auch über eine CO2-Steuer oder eine Finanztransaktionssteuer als zusätzliche Eigenmittel diskutiert. Derzeit bestehen diese aus Zolleinnahmen und Mehrwertsteuer-basierten Beiträgen der EU-Staaten.

Die Verhandlungen über den nächsten mehrjährigen Gemeinschaftshaushalt stocken. EU-Ratspräsident Charles Michel und Budgetkommissar Johannes Hahn führen bilaterale Gespräche, Ende Februar könnte in Brüssel ein Budget-Sondergipfel stattfinden. Letzteres allerdings nur, sofern ein neuer gemeinsamer Ansatz gefunden wird.

Nettozahler-Allianz

Österreich lehnt die Erhöhung des EU-Budgets strikt ab. Als Mitglied der sogenannten "Nettozahler"-Allianz will Österreich nur ein Prozent seiner Wirtschaftsleistung in den nächsten EU-Etat einzahlen. Karas sprach sich am Donnerstag gegen die Bezeichnung "Nettozahler" aus. Damit werde ein Bild in der Öffentlichkeit geschaffen, "als würden die einen nur geben und die anderen nur nehmen". "Das halte ich für eine Fehlentwicklung im öffentlichen Bewusstsein, denn auch die, die mehr geben als andere, sind Profiteure der Gemeinschaft", erinnerte Karas.

Das Europaparlament will demnächst mit einer Initiative zur Bewusstseinsbildung an die EU-Bürger herantreten und damit Fehlinformation vorbeugen. "Die Bürger sind bereit, für ein höheres Budget einzutreten, wenn sie den Mehrwert erkennen", ist Karas überzeugt. 25 Jahre EU-Mitgliedschaft haben in Österreich zu einem Wohlstandszuwachs von 16 Prozent geführt, führte er an. (APA, 23.1.2020)