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Foto: Getty Images/Edward Berthelot

Was ein Monstrum! Pünktlich zum neuen Jahr postete die New Yorker Influencerin Leandra Medine ein Selfie: In den Mittelpunkt des Bildes drängte sich ein weißer, fein gelöcherter Kragen. Die Follower? Begeistert. "That’s the collar energy I’m going into 2020 with" schrieb jemand. Tatsächlich ist Medine nicht die Erste, die auf Instagram das Unschuldslamm in weißer Bluse gibt. Ob Pernille Teisbaeck oder Blanca Miró Scrimieri, seit einiger Zeit ist eine Invasion der tellergroßen Riesenkrägen zu beobachten. Blütenweiße Lätzchen überall!

Sie kokettieren mit ihrem brav-biederen Image und wirken auf den ersten Blick wie die steifen Gegenspieler der locker geschnittenen Pyjama-Gewänder, die zum Beispiel Billie Eilish zu allen Gelegenheiten trägt. Sind sie die Vorboten einer neuen Sittsamkeit? Die neue Ausgehuniform der #tradwives? Oder hat das Comeback der gestärkten Krägen etwas ganz anderes zu bedeuten? Ist die Streetwear etwa bereits tot, wie Virgil Abloh unlängst vermutete, und sind die Krägen die Sargnägel der Streetwear-Euphorie der vergangenen Jahre?

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Die Dänin Pernille Teisbaek zeigt, wie der Kragen im Sommer ...
Foto: Edward Berthelot/Getty Images
... und im Winter getragen werden kann.

Ganz so schlimm steht's nicht um die modische Lockerheit. Die breiten (Spitzen-)Krägen werden noch immer gern mit Oversize-Sweatern, Jeans und Lederhosen kombiniert. Wer will schon wie Kate Middleton beim Wohltätigkeitstermin aussehen? Im Gegensatz zu den strengen Krägen à la Wednesday Addams und den kleinen Bubikrägen, die Alexa Chung Anfang der Zehnerjahre populär machte, erinnern die gegenwärtigen Modelle eher an Puritaner-Krägen: Die Stücke reichen bis zu den Schultern hinunter. Die Präsenz der geltungssüchtigen Krägen ist nachvollziehbar. Um eine Karriere auf Instagram hinzulegen, muss man sich eben in den Mittelpunkt drängen können.

Der strenge weiße Kragen von Wednesday Addams.
Aijalon Films

Die Modeunternehmen und Hersteller reagieren jedenfalls schon auf die gesteigerte Nachfrage: Das dänische Label Ganni versorgt Mode-Influencerinnen seit einigen Saisonen mit ausladenden Blusenmodellen. Chanel-Kreativchefin Virginie Viard ließ in der vergangenen Woche im Grand Palais mehr als eine Handvoll Bubi-, Peter-Pan- und Harlekin-Krägen aufmarschieren.

In der Couture-Show von Chanel Couture reichten die Krägen bis zu den Schultern.
Foto: EPA/IAN LANGSDON

Als ob sie die Dringlichkeit der Angelegenheit betonen wollte, trug Viard selbst eine weiße Bluse überm Rollkragenpullover. So kombiniert, ist die Bluse sogar wintertauglich. Keine schlechte Nachricht Ende Jänner. (feld, 30.1.2020)