Bild nicht mehr verfügbar.

Eine unglückliche Formulierung, so die Raiffeisen-Darstellung, hat den Chef der Kroatien-Tochter, Michael Müller, den Job gekostet.
Foto: Reuters

Über das Thema Frankenkredite sind schon viele gestolpert – zumeist die Kreditnehmer, deren Restschulden sich im Gleichschritt mit der Aufwertung der Schweizer Währung nach der Finanzkrise erhöhten. Im großen Stil vergeben wurden diese Fremdwährungskredite aber nicht nur in Österreich, sondern auch in Ost- und Südosteuropa, wo deren juristische Aufarbeitung noch im Laufen ist. Im Zuge dessen wurde nun die Kroatien-Tochter der Raiffeisen Bank International (RBI) in Vorgänge verstrickt, die den Chef des Instituts seinen Job kosteten.

Auslöser war eine Mitte November erfolgte Einladung zur Angebotsstellung der Kroatien-Tochter RBA, in der eine Agentur für Krisen-PR gesucht wurde. Eine der darin explizit gestellten Anforderungen lautet, Druck auf kroatische Gerichte und das Verfassungsgericht auszuüben. Allerdings ist es nach kroatischem und internationalem Recht verboten, Druck auf die Rechtssprechung auszuüben. Am Mittwoch berichtete das kroatische Medium Index, dessen Recherchen die Causa angestoßen hatten, über den Rücktritt des Österreichers Michael Müller als RBA-Chef.

Gerichte am Zug

Hintergrund ist ein im Jahr 2012 mit Klagen gegen acht kroatische Banken angestoßener Rechtsstreit um Frankenkredite. Im September hatte das oberste Gericht geurteilt, die Institute hätten die kollektiven Interessen und Rechte von Frankenkreditnehmern verletzt. Damit ebnete es den Weg für Geschädigte, auf dem Klagsweg die Erstattung von zu viel gezahlten Beträgen von den Banken zu fordern.

Den Instituten bleibt in der Causa nun, den Weg zum Verfassungsgericht zu gehen oder den Rechtsstreit auf europäischer Ebene fortzusetzen. Zudem ist noch eine Entscheidung des obersten Gerichts ausständig über die Zulässigkeit von Verträgen mit Währungsklauseln in Schweizer Franken. Kurz gesagt, es befinden sich genug juristische Bälle in der Luft, auf deren Flugbahnen sich das Ausüben von Druck theoretisch auszahlen könnte.

Keine Agentur ausgewählt

Freilich sieht man die Lage im Hause Raiffeisen anders. Man habe in der Ausschreibung an PR-Agenturen nach Lösungen gesucht, die ausschließlich gesetzmäßige Handlungen umfassten. Die RBA habe sich im Zusammenhang mit der Berichterstattung zum Thema Frankenkredite benachteiligt gefühlt, es sei einseitig berichtet worden. Darum habe RBA eine Agentur gesucht, die das ausgleichen und ein Gegengewicht aufbauen solle. Zudem gibt die Bank an, aufgrund der Ausschreibung keine PR-Agentur ausgewählt haben.

Müller selbst betont, dass das an die PR-Agenturen versendete Dokument "in keiner Weise den Absichten des Bankmanagements entspricht". Er habe die Konsequenzen gezogen, um weiteren Schaden von der Bank abzuwenden, erläuterte RBI-Sprecherin Ingrid Krenn-Ditz auf Nachfrage. Die Formulierung sei unglücklich gewählt, aber es sei nicht intendiert gewesen, die Justiz "unter Druck" zu setzen. Angenommen wurde Müllers Rücktritt von RBA-Aufsichtsratschef und RBI-Vorstand Andreas Gschwenter, der unterstrich, dass beide Institute der "Gesetzmäßigkeit, hohen ethischen Standards und Vertrauen verpflichtet" seien.

100.000 Klagen erwartet

Dessen ungeachtet forderte die Franak Association, eine Interessensvertretung von Frankenkreditnehmern, die kroatische Staatsanwaltschaft auf, sich näher mit den Vorwürfen rund um die RBA zu beschäftigen. Unterdessen gab der Präsident des Verfassungsgerichts, Miroslav Šeparovic, bereits an, dass sein Haus nie von Banken unter Druck gesetzt worden sei. Franak erwartet übrigens insgesamt mehr als 100.000 Klagen von Betroffenen wegen Frankenkrediten gegen kroatische Banken.

Die im Jahr 1994 gegründete Raiffeisenbank Austria (RBA) beschäftigte Ende 2018 fast 2000 Mitarbeiter in 78 Filialen und hat eine Bilanzsumme von umgerechnet 4,8 Milliarden Euro. Nach Müllers Abgang soll Vorstandsmitglied Liana Keseric interimsmäßig die kroatische Bank leiten. (Alexander Hahn, Renate Graber, 25.1.2020)