Wien – Eine Ikone wird 100 Jahre alt: Knapp fünf Jahre ist es her, dass die legendäre Coca-Cola-Flasche auf dem Podest gestanden ist. Dem High Museum of Art in Atlanta war das Jubiläum eine eigene Ausstellung wert. Auch heuer werden die Coca-Cola-Flaschen im Rampenlicht stehen – wenn auch nicht ganz so prominent. In der Tate Modern in London und im Kölner Museum Ludwig wird Andy Warhol die Ehre einer großen Retrospektive zuteil. Pop-Art at its best: Marilyn Monroe, Campbell-Suppendosen und natürlich die Coca-Cola-Flaschen werden zu sehen sein. Warhol hat sie gleich mehrfach zum Objekt erkoren: "Ich male nur Dinge, die ich immer schon schön fand, die wir jeden Tag benutzen, ohne darüber nachzudenken", gab der Meister zu Protokoll.

Zu jener Zeit waren die Flaschen aus Glas. Schon lange wird die Brause auch aus Plastik und Aluminium geschlürft. Nicht auszuschließen, dass der Pop-Art-Star auch diesen Gebinden ästhetische Qualitäten bescheinigen würde.

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Hinter mir die Plastiksintflut – das ist die Einstellung, die Greenpeace beim US-Brauseriesen ortet.
Foto: Reuters/TEMILADE ADELAJA

Umweltschützer und andere kritische Geister haben hingegen wenig Freude mit dem Weltkonzern. Die deutsche Verbraucherorganisation Foodwatch hat etwa jüngst erreicht, dass die deutsche Regierung für ihre EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 auf Finanzspritzen von Sponsoren aus der Wirtschaft verzichtet. Davon unter anderen betroffen: Coca-Cola. Zuletzt hatte es in Brüssel heftige Kritik daran gegeben, dass sich Rumänien während seiner sechs Monate als EU-Ratsvorsitzland voriges Jahr von Coca-Cola und anderen Konzernen sponsern ließ.

Fettes Lobbyingbudget

Nicht ohne Hintergedanken, wie die Umweltschutzorganisation Greenpeace klagt: Im ersten Halbjahr 2019 war der US-Riese Sponsor der rumänischen Ratspräsidentschaft. Im Vorfeld der EU-Einwegplastikrichtlinie hätten Coca-Cola, Nestlé, Pepsi Co, Danone und andere nicht weniger als 70 Lobbymeetings mit EU-Politikern gehabt – mit dem Ziel, die Richtlinie abzuschwächen. Von Erfolg gekrönt waren die Bemühungen bekanntlich nicht: Die verbindlichen Maßnahmen wurden beschlossen.

Alleine Coca-Cola habe 2018 mehr als 950.000 Euro in EU-Lobbying investiert, beruft sich Greenpeace in einem aktuellen Dossier auf Zahlen aus dem EU-Transparenzregister. Das Sündenregister in der "Akte Coca-Cola" wird ergänzt durch ein internes Dokument aus dem Jahr 2015, an dem abzulesen sei, dass die Führungsriege gegen Pfandsysteme, Sammel- und Recyclingquoten sowie Mehrwegquoten angekämpft hätte.

Foto: Greenpeace

Da helfen in den Augen der NGO Projekte, die auch der US-Riese im Sinn des Umweltschutzes unternimmt, wenig: Coca-Cola feierte etwa im Vorjahr seine neuen PET-Flaschen, die zu einem Viertel aus Plastik bestehen, das aus dem Meer gefischt wurde, als "Durchbruch beim Recycling". Zudem werden Müllsammelaktionen initiiert und Bioplastik propagiert.

Nichts als Greenwashing und Ablenkung von den Müllbergen, findet Greenpeace. Recycling sei noch lange nicht ausgereift – dazu komme, dass weiterhin viel Material verloren gehe. In Österreich werden weniger als ein Drittel der PET-Flaschen verwendet, um neue Flaschen herzustellen, erinnert die NGO. Getränkeunternehmen in Österreich müssen damit jährlich tausende Tonnen PET-Material aus dem Ausland importieren, um die Nachfrage von Unternehmen nach Re-PET-Flaschen zu decken.

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Geht es nach Umweltschützern, ist im Plastikmüll besonders oft eine Coca-Cola-Flasche drin.
Foto: AP/Francis Gardler

Damit bleibt Coca-Cola für Greenpeace Top-Plastikverschmutzer. Der US-Konzern produziere weltweit 200.000 Einweg-Plastikflaschen – pro Minute, klagt die NGO. Die Marktmacht sei auch in Österreich enorm. Bis zu 300.000 Plastikflaschen verlassen demnach stündlich das Werk im Burgenland. Im Limonadensegment hält der Konzern in Österreich rund 50 Prozent Marktanteil. Die Flaschen von Coca-Cola landen demnach öfter in der Natur als die Produkte sämtlicher anderer Marken.

Was für die Umweltschützer im Sündenregister aber besonders schwer wiegt: "Die Verantwortung dafür weist der Konzern von sich. Stattdessen baut Coca-Cola nach außen ein vermeintlich nachhaltiges Image auf und betreibt hinter den Kulissen intensives Lobbying gegen strengere Abfallgesetze, Pfandsysteme und Mehrwegquoten."

Mit aller Marktmacht

Und nun? Greenpeace verweist auf Deutschland. Dort verkaufe Coca-Cola seit Jahren einen großen Anteil der Produkte in Mehrwegflaschen, 2018 lag der Mehrweganteil bei 39,9 Prozent. Neben der PET-Mehrwegflasche kommen auch Glas-Mehrwegflaschen zum Einsatz. Hierzulande verschwand die PET-Mehrwegflasche von Coca-Cola 2009 vom Markt. Insgesamt habe der Limonadengigant weltweit den Anteil an Mehrwegflaschen im Zeitraum von 2008 bis 2015 von einem Drittel auf ein Viertel reduziert. "Wenn Coca-Cola seine eigene Kommunikation zur Bekämpfung der Plastikkrise ernst nimmt, muss es jetzt seinen Abhängigkeit von Einwegplastik beenden und auf Mehrwegflaschen umsteigen", mahnt die Konsumexpertin von Greenpeace Österreich, Lisa Panhuber. (red, 27.1.2020)