Eisenstadt – Hoch ist es hergegangen. Im Landeshauptmann-Büro haben sie für die Kameras gejubelt – im Landtagsklub jubelten sie einander zu. "Dosko, Dosko, Dosko", haben alle skandiert, das gleichnamige Lied wurde eingespielt. Am Rande des Jubels, still beinahe, stand einer, der hier 20 Jahre lang die erste Geige gespielt hat; erst als Klubobmann, ab 2000 als Landeshauptmann.

Hans Niessl kennt auch das Gefühl, eine absolute Mehrheit zu erringen. 2005 ist ihm das gelungen, er kam auf 52,2 Prozent. Aber das Gegenteil kennt er auch. 2015 stürzte seine SPÖ um 6,3 Prozentpunkte ab auf 42 Prozent. Ein Ergebnis, das sein Nachfolger nun eindrucksvoll korrigiert hat. Und nun steht Niessl da, freut sich in sich hinein wie ein Vater, der sehen darf, dass ihm sein Sohn ziemlich wohlgeraten ist.

Schon gehört? Innenpolitik-Ressortleiter Michael Völker erklärt, was den Erfolg der SPÖ Burgenland ausgemacht hat und was dieser für Wien und die Bundes-SPÖ bedeutet.

"Ich habe das politische Talent des Hans Peter Doskozil früh bemerkt." 2008 hat Niessl den jungen Polizeijuristen in sein Büro geholt, 2010 zu seinem Büroleiter gemacht – und spätestens 2015 zu seinem Nachfolger. Zu einem, der seinen Weg weiterführen werde.

Nur nicht weg vom Fenster

Das innerparteiliche Austreten Hans Niessls Weges hat sich Doskozil weitgehend erspart. Niessl hatte es 2015, als er sich zu einer Koalition mit der FPÖ entschlossen hatte, noch mit dem geballten Widerspruch der Genossen zu tun bekommen; zum Teil mit Gehässigkeiten. Da habe es auch manch persönliche Eintrübung gegeben, Untergriffe. "Aber manches Mal muss man halt auch seinem Instinkt folgen."

Die rot-blaue Koalition war wichtig für den aktuellen SP-Wahlerfolg: Landeshauptmann Hans Niessl, sein Stellvertreter Johann Tschürtz (FPÖ) und der damals neue Kulturlandesrat Hans Peter Doskozil im Jahr 2017.
Foto: APA/Robert Jäger

Und der sagte ihm: "Wenn wir jetzt in Opposition gehen, sind wir für zumindest 15 Jahre weg vom Fenster." Dann hätte es eine Situation gegeben wie in der Steiermark. Dort ist Landeshauptmann-Kollege 2015 Franz Voves unter dem Beifall der Genossen zurückgetreten, um nicht am blauen Ungeist anstreifen zu müssen. Im vergangenen November kam die SPÖ in der Steiermark auf 23 Prozent. Niessl scheute trotz so mancher Bedenken davor nicht zurück. "Und hat es im Burgenland irgendwelche rechten Ausritte gegeben? Die Zusammenarbeit hat klaglos funktioniert."

Instinkt und Geschick

Die Bundespartei werde ihre Konsequenzen zu ziehen haben aus dem sonntägigen Ergebnis im Burgenland. Es hat ja Niessls Instinkt nachträglich sehr recht gegeben. Auch Niessl hat ja nicht nur in der Migrationspolitik "Kante gezeigt", wie man das so sagt seit geraumer Zeit. Er wolle keine Namen sagen – aus der Rolle des Emeritus heraus schon überhaupt nicht –, aber dass es über kurz oder lang personelle Schnitte wird geben müssen, sei klar. "Nicht jeder ist zu jeder Zeit für jede Rolle geeignet." Jetzt sei man im Bund in Opposition. Politiker mit der Distinktion des Regierenden wirken dann leicht deplatziert.

Zu leicht gerate man da als Partei in eine solche Ungeschicklichkeit, mit welcher sich der 69-jährige Hans Niessl gerade mit dem neuen Smartphone abmüht: "Als Landeshauptmann hab ich das ja alles nicht gebraucht. Da hat mir das wer gemacht." Jetzt ist er, sozusagen, sein eigener Herr. Wie alle ehemaligen Spitzenpolitiker tut sich auch Hans Niessl schwer mit solch einfachen Handgriffen.

Fad freilich – das wäre der erste Schritt auf den Balkon der "Muppet Show" – werde es ihm vorderhand aber eh nicht. Als Chef der heimischen Sport Austria, der Bundes-Sportorganisation, hat er genügend Termine wahrzunehmen und mittels Smartphone zu managen. "Ich habe nicht geglaubt, dass der Sport ein solcher Aufwand sein wird." Das ist wohl das Burgenländische an Hans Niessl: Er nimmt sich selbst beim Wort. "Ich hab gesagt: Den Frühstücksdirektor werde ich euch nicht machen, wenn ihr mich wählt."

Ein Satz, der wortgleich auch von Hans Peter Doskozil stammen könnte. (Wolfgang Weisgram, 27. 1. 2020)