Im "Green New Deal" der EU-Kommission spielt die Immobilienwirtschaft eine zentrale Rolle – und das mit gutem Grund: Rund um 36 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs der Europäischen Union entfallen auf Gebäude. 50 Prozent des Endenergieverbrauchs der Union werden für Heizen und Kühlen verwendet, davon 80 Prozent in Gebäuden. Bis 2050 soll eine Verringerung der Treibhausgasemissionen in der EU um 80 bis 95 Prozent im Vergleich zu 1990 erreicht werden. Der Bausektor ist daher dringend gefordert, Lösungen anzubieten.

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Der Einsatz nachhaltiger Baustoffe und Energieeffizienz sind der Schlüssel für klimagerechtes Bauen.
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Effizienteres Bauen beginnt beim Einsatz nachhaltiger und wiederverwendbarer Ressourcen. Ferner müssen bestehende Gebäude saniert werden, um den Energieverbrauch einzudämmen. 2018 wurde die EU-Gebäuderichtlinie, die aus dem Jahr 2010 stammt, neu gefasst. Sie muss bis März 2020 von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden; diese müssen auch eine langfristige Strategie zur Unterstützung der Renovierung in einen in hohem Maße energieeffizienten und dekabornisierten Gebäudestand vorlegen. Dabei müssen im Zehnjahresrhythmus Meilensteine der Energieeffizienz erreicht werden. Gebäude sollen energieeffizienter gemacht, der Energieverbrauch reduziert und verstärkt Energie aus erneuerbaren Quellen genutzt werden.

Zur Umsetzung der Richtlinie wurde in Österreich 2019 die OIB-Richtlinie zu Energieeinsparung und Wärmeschutz beschlossen. Ferner wurden die Baugesetze der Länder novelliert sowie Regelungen zu Heizungsanlagen, Inspektionen von Klimageräten, zu Abstell- und Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge und generell zu neuen Gebäudesystemen aufgenommen.

Auch die türkis-grüne Regierung hat sich die Themen Energieeffizienz, Sanierung und Neubau zur Erreichung der Pariser Klimaziele auf die Fahnen geheftet und entsprechende Zielsetzungen in das Regierungsprogramm aufgenommen. So sollen Neubauten Ladestationen für Elektrofahrzeuge aufweisen, Öl und Kohle sollen als Energieträger für Raumwärme bis spätestens 2035 ausgedient haben, und auch Gasheizsysteme sollen stufenweise abgeschafft werden, während erneuerbare Energien in Gebäuden Einzug halten sollen.

Ineffiziente Zertifizierungen

Dabei ist die Nachfrage nach "grünen Gebäuden" auch ohne entsprechende Gesetzgebung schon gegeben, der "Greta-Effekt" hat das seinige dazu beigetragen. Dennoch liegt die Renovierungsrate in der EU derzeit bei gerade einmal einem Prozent und die Errichtung von effizienten Neubauten bei nur ein bis zwei Prozent pro Jahr.

Die Gründe dafür sind unter anderem die höheren Kosten bei Planung und Bau. Leistbares Wohnen und grünes Wohnen scheinen entgegengesetzt zu sein. Oft werden nur Erstbeschaffungskosten, nicht aber die entsprechenden langfristigen Betriebskosten verglichen. Weiters hat eine "grüne" Sanierung von Gebäuden, die dem Mietrechtsgesetz unterliegen, für viele Vermieter keinen Sinn, da sie für ein energieeffizienteres Gebäude keinen höheren Mietzins lukrieren können. Immerhin sieht das Regierungsprogramm eine Erhöhung bzw. Schaffung neuer Abschreibungsmöglichkeiten für Neubauten und Sanierungen vor, wenn die Bauweise höchsten ökologischen Aspekten entspricht.

Um sicherzugehen, dass man ein "grünes Gebäude" kauft bzw. mietet, gibt es auch "Green Building"-Zertifizierungen für Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung. Die Zertifizierungen und Bewertungen sind allerdings uneinheitlich, was dazu führt, dass für Gebäude mehrere Zertifikate ausgestellt werden, was wiederum ineffizient und intransparent ist.

Ein einheitliches Regelwerk mit einheitlichen Kriterien, Berechnungsmaßstäben und Klassifikationen wäre hier von Vorteil, ähnlich wie es im Entwurf der Taxonomie-Verordnung der EU- Kommission zur Schaffung eines einheitlichen EU-Klassifikationssystems zur Bewertung, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit ökologisch nachhaltig ist, vorgesehen ist. (Birgit Kraml, 27.1.2020)