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So sieht die konventionelle Lagerungsmethode für nuklearen Abfall aus: Radioaktives Material wird in Stahlfässern unter der Erde verstaut. Im Bild: Morsleben in Deutschland.
Foto: Picturedesk/dpa/Jens Wolf

Keine andere Spezies hinterlässt auf dem Planeten derart viel Müll wie der Mensch. Der Great Pacific Garbage Patch – eine Ansammlung von Plastikmüll im Pazifik – ist bereits vom All aus sichtbar. Doch kein Abfall hat derart schwerwiegende langfristige Folgen für das Ökosystem wie Atommüll. Plutonium, das etwa in Nuklearwaffen eingesetzt wird, stellt auch noch in hunderttausenden Jahren eine radioaktive Gefahr für Flora und Fauna dar.

Umso beunruhigender ist der Befund, den eine soeben veröffentlichte Studie den aktuellen Atommülllagern ausstellt: Wie Forscher im Fachblatt "Nature Materials" berichten, sind die derzeitigen Methoden, um Atommüll zu lagern, weniger beständig als bisher angenommen. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass die aktuellen Methoden möglicherweise nicht ausreichend sind, um den Abfall sicher zu verstauen", sagt der Erstautor der Studie, Xiaolei Guo, stellvertretender Direktor des Ohio State Center for Performance and Design of Nuclear Waste Forms and Containers.

Der Grund für die Unzulänglichkeit der bisherigen Lagerungsmethoden klingt recht einfach: Korrosion. In der Studie wurde die Lagerung von hochkontaminiertem Atommüll untersucht, der insbesondere durch Nuklearwaffen anfällt. Einige der darin enthaltenen radioaktiven Substanzen haben Halbwertszeiten von rund 30 Jahren, andere wiederum solche von zehntausenden Jahren. Die Halbwertszeit ist jene Zeit, innerhalb derer die Hälfte des radioaktiven Materials zerfallen ist. Bis das gesamte Material zerfallen ist, dauert es hingegen um ein Vielfaches länger.

Selbstverstärkender Prozess

Bislang ist Finnland das einzige Land, das damit begonnen hat, ein langfristiges Endlager für hochkontaminierten radioaktiven Abfall zu errichten. In fast allen anderen Ländern ist es üblich, hochverstrahltes Material mit anderen Materialien zu mischen, wodurch Glas oder Keramik entsteht. Diese radioaktive Mischung wird in Stahlkanistern eingeschlossen, welche in unterirdischen Lagerungsstätten verstaut werden, oft in der Nähe des Produktions orts. Doch wie die Forscher um Guo in der aktuellen Studie schreiben, ist bislang nur die langfristige Beständigkeit von radioaktivem Glas und Keramik einerseits und den Edelstahlkanistern andererseits untersucht worden. Doch die Wechselwirkungen zwischen dem radioaktiven Glas oder Keramik mit den Metallkanistern blieb dagegen bislang weitgehend unerforscht.

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Yucca Mountain in Nevada ist als permanente US-Lagerstätte für Atommüll im Gespräch.
Foto: Reuters/Stringer

In Laborexperimenten stellten die Wissenschafter die Lagerungsbedingungen unter Tage nach, sprich: bestimmte Temperatur- und Druckverhältnisse und das mögliche Eindringen von Wasser. Besonders hatten die Forscher dabei die Bedingungen im Yucca Mountain im US-Bundesstaat Nevada im Blick, der als permanente US-Lagerstätte für Atommüll vorgeschlagen worden ist.

In den Versuchen zeigte sich, dass es an den angrenzenden Flächen von radioaktivem Glas oder Keramik mit dem Stahlfass zu Korrosion kam – und das in einem selbstverstärkenden Prozess. In Wasser reagierte sowohl Glas und wie auch Keramik mit dem Edelstahl. "In einem realistischen Szenario liegen das Glas oder die Keramik eng am Edelstahl an. Unter bestimmten Bedingungen läuft die Korrosion des Edelstahls völlig aus dem Ruder", sagt Guo. "Es bildet sich ein extrem aggressives Milieu, das die angrenzenden Materialien korrodieren lässt."

Antwort im Periodensystem

Der Grund dafür, warum die aktuellen Methoden zur Atommülllagerung weniger langlebig sind als ursprünglich angenommen, ist letztlich im Periodensystem der chemischen Elemente zu finden: Edelstahl wird vor allem aus Eisen hergestellt, gemischt mit anderen Elementen wie Nickel und Chrom. Eisen hat eine chemische Affinität zu Silizium, was wiederum ein wesentlicher Bestandteil von Glas ist.

Für den Erstautor Xiaolei Guo ist das Fazit der Studie klar: "Die Ergebnisse zeigen, dass wir eine neue Methode entwickeln müssen, um nuklearen Abfall zu lagern." (Tanja Traxler, 28.1.2020)