In Lustenau-Kirchdorf wird es im Sommersemester nur Zweier geben.

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Lustenau – An Österreichs Volksschulen wird heuer ab dem Sommersemester die Notenpflicht wieder eingeführt. Ab der zweiten Schulstufe, so hatte es die einstige türkis-blaue Regierung noch beschlossen, sollen Kinder künftig wieder mittels Ziffernnoten beurteilt werden. Eine politische Entscheidung, die im Widerspruch zur zeitgemäßen Bildungsforschung steht, findet die Volksschule Lustenau-Kirchdorf, weshalb sich dort nun Widerstand regt. Eltern und Lehrer haben gemeinsam beschlossen, den Erlass des Bildungsministeriums nicht umzusetzen. Stattdessen werden sämtliche Schüler der zweiten und dritten Klasse im Sommersemester mit "Gut" bewertet.

Schuldirektor Christoph Wund unterstützt den Boykott, der "zum Nachdenken anregen" soll. Auch wenn es ihn den Job kosten könnte, wie er dem STANDARD sagt: "Ich wurde zum Gespräch in die Bildungsdirektion geladen. Ich weiß nicht, ob ich nächste Woche noch Schulleiter bin." Ihm sei klar, dass er in seiner Funktion geltende Gesetze umzusetzen habe: "Aber dieser Erlass überfordert unsere pädagogische Flexibilität."

Zur Umsetzung gezwungen

Dass Ziffernnoten zur Beurteilung ungeeignet sind, sei in der Pädagogik seit Jahrzehnten unumstritten. Bisher haben in Vorarlberg schon über 60 Prozent aller Volksschulen alternative Beurteilungsmethoden eingesetzt, wie auch Elisabeth Mettauer-Stubler von der Bildungsdirektion des Landes bestätigt: "Pädagogisch spricht viel gegen Noten. Daher haben wir über die Schulautonomie forciert, andere Methoden zur Leistungsbeurteilung einzusetzen." Doch nun sei man gezwungen, dafür zu sorgen, den neuen Erlass umzusetzen.

Welche Konsequenzen Schulleiter Wund zu erwarten hat, wenn er am Widerstand festhält, darauf wollte Mettauer-Stubler nicht eingehen. Man suche nun zuerst das Gespräch. Wund bekräftigte, den Boykott im Sommersemster auf jeden Fall umzusetzen. Wobei er betont: "Ich rufe nicht zum Rechtsbruch auf, aber ich habe gelernt, zu meiner Haltung zu stehen." Als erfahrener Pädagoge könne er der Rückkehr zur Notenpflicht nichts abgewinnen. Diese "180 Grad-Wende" würde dem widersprechen, was er in den vergangenen 20 Jahren gelernt habe.

Aus dem Bildungsministerium war auf Anfrage keine Stellungnahme zu erhalten. Doch die Kritik an der Rückkehr zur Notenpflicht bleibt vor allem in Vorarlberg laut, wo bereits knapp 5000 Menschen die Onlinepetition dagegen unterzeichnet haben. (Steffen Arora, 27.1.2019)