Silvia Stantejsky war verantwortlich für die Burg-Finanzen von 2008 bis zu ihrer Entlassung im Jahr 2013.

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Wien – Die ehemalige Geschäftsführerin des Wiener Burgtheaters, Silvia Stantejsky, ist am Montagabend am Wiener Landesgericht wegen Untreue und Veruntreuung zu einer zweijährigen bedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Zudem wurde der 64-Jährigen gerichtlich Schadensgutmachung aufgetragen: Stantejsky hat dem Burgtheater binnen 14 Tagen die Summe von 319.156,10 Euro zu bezahlen.

Mit den darüber hinausgehenden Forderungen wurde das Burgtheater auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Vom Vorwurf der Bilanzfälschung wurde Stantejsky mangels subjektiver Tatseite freigesprochen.

"Es tut mir unendlich leid"

Die Gerichtsentscheidung ist nicht rechtskräftig. Stantejsky nahm das Urteil an, Oberstaatsanwältin Veronika Standfest gab am Abend vorerst keine Erklärung ab.

Zuvor hatte Stantejsky von "Fehlern, die mir unendlich leidtun", gesprochen. Sie habe Honorare des ehemaligen Burgtheaterdirektors Matthias Hartmann und des Regisseurs David Bösch anderweitig verwendet, sich aber nicht persönlich bereichert. Mit den Beträgen habe sie Verbindlichkeiten des Theaters abgedeckt, betonte Stantejsky.

Mit den Tränen kämpfend, versicherte Stantejsky dem Schöffensenat: "Das Burgtheater war meine Leidenschaft. Das können Sie mir glauben, ich hätte es nicht schädigen wollen." Sie ersuchte das Gericht, "meine damalige schlimme Situation, die teilweise aussichtslos war, zu berücksichtigen".

Die Bundestheater-Holding habe ihr eine "schwarze Null" vorgegeben. Im Bemühen, dies zu erreichen, habe sie sich übernommen und eine psychische Erkrankung entwickelt, hatte die 64-Jährige im Verlauf des Verfahrens mehrfach betont.

Am Abend des letzten Verhandlungstages präzisierten die Rechtsvertreter des Burgtheaters ihre Privatbeteiligten-Anschlüsse gegen Stantejsky. Dann folgten die Schlussvorträge der Oberstaatsanwältin und der Verteidigerin. Kurz vor 20:00 Uhr zog sich der Schöffensenat zur Beratung zurück. Die Urteilsverkündung erfolgte gut eine Stunde später.

Verzögerungen

Zu der Zeitverzögerung war es gekommen, weil Oberstaatsanwältin Veronika Standfest mit der Angeklagten im Detail einzelne Überweisungsbelege auf deren Konten seit 2009 durchging. Bis zur Reform der Strafprozessordnung 2008 wäre das im Ermittlungsverfahren geschehen und Aufgabe der damals abgeschafften U-Richter gewesen.

Richter Christoph Zonsics-Kral ließ am Montag ein psychiatrisches Gutachten des Sachverständigen Kurt Meszaros zu. Diesem zufolge war Silvia Stantejsky im inkriminierten Tatzeitraum zurechnungsfähig. Meszaros billigte der ehemaligen kaufmännischen Geschäftsführerin ein Burn-out-Syndrom zu, das sich "schleichend langsam" entwickelt habe. Auf ihre Schuldfähigkeit habe sich das aber nicht entscheidend ausgewirkt, meinte Meszaros.

Stantejsky sei unter starkem persönlichem Druck gestanden. Sie habe ein Übermaß an persönlicher Energie in "ein beinahe unerreichbares Ziel, die schwarze Null" gesteckt, erläuterte der Psychiater. Der Versuch, die finanzielle Schieflage an der Burg zu bewältigen, habe Stantejsky auch deswegen Kraft gekostet, weil ihr "ein hohes Maß an Perfektionismus" eigen sei.

Stantejsky habe schließlich psychiatrische Behandlung in Anspruch genommen, sich ab 2011 auch medikamentös behandeln lassen. Dessen ungeachtet habe sich die Symptomatik aber nicht nachhaltig auf ihre Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit ausgewirkt. "Die war nie so herabgesetzt, dass die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit aufgehoben war", betonte der Sachverständige Meszaros. (APA, red, 27.1.2020)