Ziel der Verkehrsministerin ist, dass man pro Bundesland um einen Euro, in zwei Ländern um zwei Euro und österreichweit um drei Euro pro Tag fahren können soll.

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Wien – Das Projekt 1-2-3-Karte gehört zu den ambitionierteren der Regierung. Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) geht das vergünstigte Öffi-Ticket nun an. Eine Projektgruppe wurde bereits aufgestellt, im ersten Halbjahr soll es ein gemeinsames Kick-off-Treffen mit allen Betroffenen geben.

Einfach ist die Sache nicht, es müssen unterschiedliche Verkehrsträger, die Verkehrsverbünde und die finanzierenden Gebietskörperschaften, also Bund, Länder und Gemeinden, einbezogen werden. Bereits unter Rot-Schwarz gab es in den vergangenen Jahren Anläufe zu einer Österreich-Karte, alle sind an der Komplexität der Angelegenheit und vor allem der Finanzierung gescheitert. Der Hauptstreitpunkt war stets die Einnahmenaufteilung und der damit einhergehende Einnahmenausfall beim größten Verkehrsträger im System, der ÖBB.

Gewessler gibt sich zuversichtlich, dass es diesmal anders läuft: "Die Zeit ist reif." Es gebe viel positive Resonanz, die 1-2-3-Karte gehöre zu den beliebtesten Projekten des Regierungsprogramms.

"Herzensprojekt"

Ziel ist, dass man in jedem Bundesland um einen Euro pro Tag fahren können soll, wie das in Wien und Vorarlberg bereits der Fall ist. Für zwei Länder soll die Netzkarte pro Tag zwei Euro kosten. Will man die Karte österreichweit nutzen, würde sie drei Euro pro Tag oder 1.095 Euro pro Jahr kosten. Das wäre wesentlich billiger als die derzeitige Jahreskarte der ÖBB, die pro Tag 5,30 Euro kostet.

Aufgestellt wurde nun ein sechsköpfiges Projektteam aus Ministerium und Kabinett, wobei sich der bisher ausschließlich für die Finanzierung des Milliarden-Bahnbau-Programms der ÖBB zuständige neue Generalsekretär des Ministeriums, Herbert Kasser, stark einbringen soll. Auch externe Expertise soll zugezogen werden. Umgehend erfolgen soll auch der Kontakt mit Städten, Gemeinden, Ländern und Verkehrsverbünden. Ein gemeinsamer Nenner mit ihnen ist unerlässlich, um das "Herzensprojekt" der Ministerin auf Schiene zu bringen.

Verbesserungen im Angebot

Die Maßnahme findet unter Experten Zuspruch. Allerdings müsse parallel die Bahninfrastruktur ausgebaut und verbessert werden. "Das qualitative Angebot für Pendler ist die eigentliche Hürde, nicht unbedingt die Ticketpreise", sagte Sebastian Kummer vom Institut für Transportwesen der Wirtschaftsuniversität Wien am Dienstag im Ö1-"Morgenjournal". Das grüne Klimaticket sei rentabel, aber teuer. Er rechnet mit Kosten in Milliardenhöhe für die 1-2-3-Karte.

Zum Vergleich: Allein der Bund finanziert Nah- und Regionalzüge, aber auch Schnell- und neuerdings Nachtzüge der ÖBB pro Jahr mit mehr als 700 Millionen Euro. Hinzu kommen zwischen drei- und vierhundert Millionen Euro für Sozialtarife wie Schüler- und Lehrlingsfahrten, die über den Familienlastenausgleichsfonds finanziert werden. Darüber hinaus wird das vom Bund finanzierte Grundangebot an Öffi-Verkehr von ÖBB und diversen Landesbahnen von den Bundesländern aufgestockt und um Buslinien erweitert.

Transparenz fehlt

Transparenz tut Not, denn die Finanzierungsströme wurden bisher ebenso wenig offengelegt wie die Verkehrsdienstverträge, die der Bund mit den Bundesländern und der ÖBB abschließt. Da der Bund bis dato ausschließlich die ÖBB mit dem Pendlerverkehr beauftragt hat, stellt sich die Frage, wie alle anderen Verkehrsträger in das 1-2-3-Ticket eingebunden werden sollen und wie sich die öffentliche Hand die Kosten aufteilt.

WU-Professor Kummer sieht bereits enormen Finanzbedarf: Die zusätzlich zwei Milliarden Euro an Nah- und Regionalverkehrsförderung, die im Regierungsprogramm angekündigt wurden, seien zu großen Teilen für den Bahntunnelbau vorgesehen, daher bleibe für den angestrebten Stundentakt in Ballungsräumen und Kleinstädten an sieben Tagen die Woche nicht viel übrig. Es brauche jährlich wohl mindestens eine Milliarde mehr an Fördermitteln. (APA, red, 28.1.2020)