Die Hardware allein reicht nicht, vor allem die Betriebssoftware ist für Zughersteller eine Herausforderung.

Foto: Imago / Rainer Weisflog

Berlin – Für den Zugausrüster Bombardier wird es eng in Europa, die Probleme häufen sich. Die Deutsche Bahn (DB) nimmt 25 Fernzüge des Typs "IC2" wegen technischer Mängel nicht an, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Kern des Problems sei das Betriebssystem der Züge. Das elektrische System brauche zu lange, um hochzufahren, und stürze regelmäßig ab, wenn die Züge die Richtung ändern müssten. Der Auftragswert liegt bei 400 Millionen Euro, schreibt die "SZ" unter Berufung auf Branchenkreise. Die deutsche Staatsbahn prüfe inzwischen, ob Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden können.

Ein Bahn-Sprecher bestätigte, dass derzeit 25 IC2-Züge der zweiten Bauserie mängelbedingt nicht vom Hersteller abgenommen worden. Den Namen des Herstellers nannte er nicht. "Wir setzen auf Grundlage verlässlicher Vorschläge jetzt auf eine schnelle Behebung der Mängel durch den Hersteller und prüfen darüber hinaus auch alle uns zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel", sagte er.

Nicht die erwartete Zuverlässigkeit

Bombardier räumte ein, dass die Doppelstockzüge vom Typ IC2 "aktuell nicht mit der von der DB und von Bombardier selbst erwarteten Zuverlässigkeit im Betrieb sind". Man bedauere die Unannehmlichkeiten für Bahn und Fahrgäste, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Gemeinsam mit DB arbeitet an einem Maßnahmenpaket und an einem Aktionsplan, "um die Zuverlässigkeit der IC2-Züge zeitnah deutlich zu verbessern

Neue Doppelstockwagen

DB ergänzt ihre Intercity-Flotte seit Ende 2015 mit den neuen Doppelstockwagen. Von den technischen Mängeln betroffen ist die aktuelle zweite Bauserie des Zuges. Aus Bahn-Aufsichtsratskreisen hieß es laut Informationen der "Süddeutschen Zeitung", dass man bei Bombardier unmissverständlich eine schnelle Beseitigung der Mängel gefordert habe. Weiter zitiert die Zeitung interne Bahndokumente, die unter anderem beschreiben, dass das Betriebssystem des Zuges regelmäßig zusammenbricht. Lokführer müssten eine Stunde vor Abfahrt am Zug sein, um das System zu starten.

Die neuen IC2-Züge lösen jahrzehntealte IC-Waggons ab und bieten mehr Komfort und Sitzplätze. Sie kommen unter anderem zwischen Dresden und Köln sowie Singen und Stuttgart zum Einsatz. Langfristig will die Bahn mit den Zügen nahezu alle Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern an das Fernverkehrsnetz anschließen.

Probleme mit Betriebssoftware

Probleme gibt es auch in Österreich, allerdings bei Nahverkehrszügen. Wie berichtet, hat die ÖBB 21 Nah- und Regionalverkehr in Vorarlberg beim kanadischen Zugausrüster geordert. Sie sollten im April des Vorjahres Fahrt aufnehmen, stehen mangels Betriebsgenehmigung allerdings noch immer in den Werkstätten.

Im Testbetrieb hätten die Talent-3-Züge endlich funktioniert, nun wird an technischen Gutachten gearbeitet, die bei der Eisenbahnbehörde im Verkehrsministerium vorzulegen sind, heißt es in Herstellerkreisen. Genügen sie der Behörde, stehe der Erteilung einer Betriebsgenehmigung nichts mehr im Wege, hofft man bei Bombardier und Auftraggeber ÖBB-Personenverkehr gleichermaßen. Laut STANDARD-Informationen spießt es sich bei der Betriebssoftware für die neu entwickelten Antriebsstränge, mehrere Tests mussten wiederholt werden. Die 21 Triebfahrzeuggarnituren seien fertig, sie sollen ab April Zug um Zug auf Schiene kommen, heißt es. (Reuters, ung, 28.1.2019)