Nächste Woche soll das neue Krankenhaus in Wuhan fertig sein.

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Wer Wuhan einmal im August besucht hat, weiß, warum die Stadt auch den Beinamen "Backofen Chinas" trägt. Die Temperaturen erreichen dann gerne 40 oder 45 Grad bei einer Luftfeuchtigkeit von 90 Prozent. Momentan ist davon freilich nichts zu merken. Draußen ist es kalt, neblig, und die Bewohner der Elf-Millionen-Einwohner-Stadt bleiben zu Hause. Nachdem die Behörden am vergangenen Donnerstag die Stadt unter Quarantäne gestellt hatten, sind so gut wie alle Verbindungen zur Außenwelt gekappt: Flug-, Bus- und Zugverbindungen sind gestrichen. Die Lage in der Stadt selbst scheint ernst, aber nicht bedrohlich zu sein.

Die wenigen ausländischen Reporter, die sich noch in der Stadt befinden, berichten von kontrollierter Ruhe. Schlangen gebe es vor Apotheken, wo Menschen versuchen, Atemschutzmasken zu kaufen.

Keine Nahrungsmittelengpässe

Videoblogger Luo Bin widerlegt auch Gerüchte, wonach es zu Nahrungsmittelengpässen gekommen ist. Auf Youtube erzählt Luo von Hamsterkäufen am Freitag und Samstag, mittlerweile seien die Regale wieder gefüllt. Unterdessen stampfen dort 4.000 Menschen ein Krankenhaus aus dem Boden. Es soll kommende Woche fertiggestellt werden, um mehr Platz für die Infizierten zu haben. Berichte, wonach die bestehenden Krankenhäuser heillos überfüllt seien, waren in den vergangenen Tagen immer wieder zu hören.

Die Hauptstadt der Provinz Hubei gibt es als solche erst seit 1953. Sie wuchs damals aus den drei Städten Hankou, Wuchang und Hanyang zusammen. In Hankou hatten sich Anfang des 20. Jahrhundert auch einige europäische Kolonialmächte angesiedelt. Damals war die Stadt aufgrund ihrer geografischen Lage eines der wichtigsten Handelszentren des Landes. Deren Bauten im Belle-Époque-Stil stehen noch heute im Zentrum der Stadt am Jangtse, den nun eine lange Uferpromenade ziert. Inspiration dafür holte man sich Anfang der Nullerjahre von der deutschen Partnerstadt Duisburg.

Fit für das 21. Jahrhundert machen

Wie Duisburg nämlich war Wuhan lange ein Zentrum der Schwerindustrie. Seit ein paar Jahren aber wird versucht, die Stadt fit für das 21. Jahrhundert zu machen: mehr Umwelttechnologie, mehr Forschung und Wissenschaft. So ist Wuhan mittlerweile mit 1,2 Millionen Studenten die größte Universitätsstadt Chinas.

Die USA und Frankreich haben inzwischen damit begonnen, ihre Staatsbürger aus der Stadt zu evakuieren. Anders als in Peking und Schanghai haben sich nur wenige ausländische Unternehmen in der zentralchinesischen Metropole angesiedelt. Eine Ausnahme ist das Joint Venture des französischen Automobilherstellers PSA mit dem chinesischen Staatsunternehmen Dongfeng. Dem gefolgt sind rund 50 kleinere französische Unternehmen. Auch deutsche Unternehmen gibt es in Wuhan, zum Beispiel produziert der Mittelständler Webasto, ein Hersteller von Autodächern, in Wuhan.

Fischmarkt weiterhin geschlossen

Der Fischmarkt der Stadt, in der nach bisherigen Erkenntnissen der Corona-Erreger seinen Ursprung hat, ist bis auf weiteres geschlossen. Im Netz aber mehren sich Verschwörungstheorien, wonach das Virus auch einem Biolabor für Forschungen an gefährlichen Krankheitserregern entsprungen sein könnte.

Heute ist Wuhan ein Drehkreuz für die wichtigen Hochgeschwindigkeitszüge, die die chinesischen Metropolen verbinden. Sowohl von Peking als auch von Schanghai braucht man dorthin rund zwei Stunden. Die überaus günstige Lage als Verkehrsknotenpunkt ist ein Segen, aber in Zeiten des Coronavirus eben auch Fluch. Noch stört die Isolation die meisten Chinesen wenig: Die Woche um das Frühlingsfest verbringen viele ohnehin im Kreis der Familie. Das aber dürfte sich am Wochenende ändern. Dann wollen rund 300 Millionen Chinesen wieder zurückreisen – und die, die in Wuhan festsitzen, die Stadt verlassen. (Philipp Mattheis aus Schanghai, 28.1.2020)