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Diese Lampen haben einen entscheidenden Vorteil. Sie sind "nicht" smart und können somit zwar ausfallen, aber zumindest funktioniert der Stromschalter dann noch so, wie er soll.

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Die Zukunft gehört dem "Smart Home". Vom Kühlschrank bis zum Licht oder der Eingangstür – alles soll fortan mittels App oder Stimme gesteuert werden. So zumindest jene Vision, von derzeit die gesamte Techbranche beseelt zu sein scheint. Die Zahl entsprechender Produkte ist in den vergangenen Jahren jedenfalls geradezu explodiert. Dass die Realität von diesem Bild noch weit entfernt ist, demonstriert nun einer der größten Hersteller – unabsichtlich, dafür aber umso eindrücklicher.

Überraschendes Update

Mit einem aktuellen Firmware-Update hat Ikea das Verhalten seiner Tradfri-Lampen verändert. Wird das Licht mittels Smartphone-App ausgeschaltet, lässt es sich in der Folge nicht mehr über den Lichtschalter andrehen. Wer wieder Licht haben will, muss also erneut zur App oder zu einem verbundenen digitalen Assistenten greifen.

Eine Änderung, die die Nutzer des smarten Lichtsystems unvorbereitet traf. Das betreffende Update wurde am Freitagnachmittag veröffentlicht, und seitdem automatisch an die Nutzer ausgeliefert. So manche User dürften also beim Aufstehen am nächsten Tag zunächst einmal verblüfft zum Sicherungskasten gelaufen sein, um festzustellen, wieso das Licht nicht mehr funktioniert.

Ärger

Auf Reddit machen mittlerweile betroffene Nutzer in mehreren Diskussions-Threads ihrem Unmut Luft. So verweist etwa ein User darauf, dass damit das System von einem Tag auf den anderen für ihn komplett unbrauchbar geworden ist. Immerhin könnten jetzt seine Kinder, die die App nicht haben, das Licht nicht mehr einfach über den Schalter steuern. Möglich wäre es zwar, die Fernbedienung von Ikea zu verwenden, aber eine solche neben jedem Schalter zu platzieren erscheint dann auch irgendwie absurd.

Zudem eröffnet der neue Ansatz noch ein Art Worst-Case-Szenario, an das man beim Hersteller wohl nicht gedacht hat: Denn wenn parallel dazu auch noch das eigene WLAN Probleme hat, funktionieren natürlich auch die App sowie die Steuerung über smarte Lautsprecher nicht mehr. In so einem Fall hilft dann nur mehr, die passende Fernbedienung zu suchen.

Was dabei viele Nutzer besonders empört: Ikea hat diese Änderung vorgenommen, ohne die Nutzer auch nur irgendwie zu informieren. Ein Vorwarnung gab es also nicht, und auch in den verfügbaren Release-Notes wird dieses Thema mit keinem Wort berührt.

Unterschiedliche Ansätze

Dabei ist unzweifelhaft, dass es Szenarien gibt, in denen das neue Verhalten Sinn ergibt, etwa wenn man auch die Schalter schon auf smarte Lösung umgestellt hat. Bisher konnten nämlich kurze Stromausfälle dazu führen, dass anschließend das Licht im gesamten Haus eingeschaltet wurde – was etwa nächtens im Schlafzimmer ein äußerst unerfreuliches Erlebnis darstellt. Dieses Problem gibt es im neuen Konzept zwar nicht mehr, dafür hat man sich aber eben andere Nachteile eingefangen.

Was daran besonders verblüfft, ist, dass die Entwickler bei Ikea nicht an die naheliegendste Lösung gedacht haben: all das als Option in der eigenen Smartphone-App anzubieten. Dann könnten sich die Nutzer nämlich frei entscheiden, welcher für sie der sinnvollste Ansatz ist. Genau so macht es etwa Konkurrent Philips bei seinen Hue-Lampen.

Oder einfach nur ein Bug?

Allerdings gibt es auch noch eine andere Denkmöglichkeit: Nämlich, dass es sich bei dem neuen Verhalten gar nicht um eine absichtliche Änderung sondern um einen besonders unerfreulichen Fehler handelt. Für diese Theorie spricht, dass einige Nutzer berichten, dass sie wieder das alte Verhalten der Lampen erzielen können, in dem sie diese einzeln zurücksetzen – das geht übrigens in dem man das Licht flott fünf Mal hintereinander über den Schalter ein- und ausschaltet. Wer sich dazu entschließt, dem muss allerdings klar sein, dass dann das gesamte Lichtsystem frisch eingerichtet werden muss – Lampe für Lampe.

In einer kurzen Stellungnahme bestätigt Ikea mittlerweile das Problem. Informationen zu den Hintergründen oder gar einen Zeitrahmen für die Behebung nennt man aber nicht. Auf eine Anfrage des STANDARD zu weiteren Details hat die Firma bislang nicht reagiert.

Strategie

Bei Ikea setzt man große Hoffnungen auf das Geschäft mit dem "Smart Home", das Unternehmen betont immer wieder, dass man sich in diesem Bereich ein neues Standbein aufbauen will. Der aktuelle Vorfall zeigt aber auch gut, wie viel man auf dem Weg dorthin noch zu lernen hat. (Andreas Proschofsky, 29.1.2020)