In Hongkong stehen Menschen Schlange vor einem Supermarkt. Die Stadt hat angekündigt, in der Nacht auf Freitag sechs Grenzübergänge zu Festland-China zu schließen, um die Ausbreitung des Coronavirus hintanzuhalten.

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Peking/Wien – Mehr als 6.000 Menschen dürften sich weltweit mit dem Coronavirus 2019-nCoV angesteckt haben. Nun ziehen die Infektionen auch wirtschaftliche Folgen nach sich: Europas größte Fluggesellschaft Lufthansa – und damit auch die AUA – streicht ebenso wie British Airways und andere Anbieter Flüge von und nach China. Dabei wollen nach EU-Angaben rund 600 Europäer die besonders stark betroffene Region Wuhan so schnell wie möglich verlassen.

In China stehen viele Betriebe wegen der Gefahr der Ausbreitung des Coronavirus still. Die Regierung hat die Neujahrsferien bis Sonntag verlängert.
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Die Maßnahme des Lufthansa-Konzerns gilt zunächst bis 9. Februar. Die vorerst letzten Flüge der AUA sind die Rückflüge der noch am Mittwoch gestarteten Kurse von Wien-Schwechat nach Shanghai und Peking. Zudem wurde die Buchungsannahme für Flüge von und nach China, die bis Ende Februar geplant sind, gestoppt. Am Mittwochabend hat die AUA Details für betroffene Fluggäste bekannt gegeben.

Maßnahmen bei Verdachtsfällen

In der Steiermark sind am Mittwoch drei neue mögliche Coronaviren-Verdachtsfälle bekannt geworden, in Südtirol zwei. Den Patienten, die sich in Deutschland infiziert haben, geht es gut. In Finnland ist indes erstmals eine Infektion bestätigt worden, in Frankreich die bereits fünfte.

In China sind nach offiziellen Angaben inzwischen rund 6.100 Fälle gemeldet. In der besonders betroffenen Provinz Hubei befinden sich sieben Österreicher, die noch vor dem Wochenende in ihr Heimatland zurückkehren sollen.

Andere Länder, darunter etwa auch Großbritannien, wollen aus der chinesischen Stadt Wuhan ausgeflogene Staatsbürger isolieren. Sie kommen 14 Tage lang in Quarantäne, wahrscheinlich auf einer Militärbasis. Was solch ein Vorgehen mit den Österreichern betrifft, das stimme man die Vorgangsweise mit den Partnern im Rahmen der europäischen Gesundheitsbehörden sowie mit den Landessanitätsdirektionen ab, hieß es von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne).

Ältere Menschen leiden besonders

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat für Donnerstag erneut den Notfall-Ausschuss einberufen. Grund sind die hohe Fallzahl und die steigenden Übertragungen im Ausland. "Die ganze Welt muss jetzt in Alarmbereitschaft sein", sagte WHO-Notfallkoordinator Michael Ryan in Genf. Er berät die WHO in der Frage, ob eine "gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite" ausgerufen werden soll. "Die Übertragungskette kann noch unterbrochen werden", sagte Ryan. Das sei mit sorgfältiger Hygiene und der Isolierung von Infizierten möglich.

Obwohl die Zahl der Neuinfektionen mit dem neuen Coronavirus in China erstmals zurückgegangen ist, ist die Zahl der Fälle inzwischen höher als seinerzeit bei der SARS-Epidemie. In Wien gibt es auch beim jüngsten Coronavirus-Verdachtsfall Entwarnung.
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Das neuartige Coronavirus kann eine Lungenkrankheit auslösen, an der im Hauptverbreitungsland China bereits mindestens 132 Menschen gestorben sind – die meisten davon waren ältere Patienten mit schweren Vorerkrankungen.

Höhepunkt noch nicht erreicht

Die Epidemie wird nach Einschätzung eines führenden chinesischen Lungenexperten erst in sieben bis zehn Tagen einen Höhepunkt erreichen. Nach Angaben des Peter Doherty Instituts für Infektionen und Immunität in Melbourne haben australische Wissenschafter das Virus inzwischen im Labor nachgezüchtet. Nun könne in Zusammenarbeit mit anderen Instituten und der WHO an einem Gegenmittel gearbeitet werden.

Russland und China arbeiten nach russischen Angaben bereits zusammen an einem Impfstoff gegen das Coronavirus. Peking habe das Erbgut des Virus an Russland übergeben, teilt das russische Konsulat im chinesischen Guangzhou mit.

Vier bestätigte Fälle in Europa

In China ist die Millionenstadt Wuhan und die umliegende Provinz Hubei besonders betroffen: Rund 45 Millionen Menschen wurden dort weitgehend abgeschottet; Flüge sowie der Nah- und Fernverkehr wurden ausgesetzt. Erstmals sind innerhalb Chinas auch andere Staatsangehörige erkrankt.

Außerhalb der Volksrepublik gibt es unter anderem in Thailand, Japan, Singapur, Malaysia, den USA, Australien und auch Südkorea Erkrankte mit dem Virus, das derzeit 2019-nCoV genannt wird. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) meldeten am Mittwoch die ersten bestätigten Virusfälle.

Die meisten außerhalb Chinas erkrankten Menschen waren vorher in der Volksrepublik. Allerdings gibt es zunehmend Fälle, bei denen sich Menschen in ihrem Land bei Reiserückkehrern aus China angesteckt haben. Die Regierung in Peking hat ihren Staatsbürgern geraten, Reisen ins Ausland zu verschieben. Andere Staaten wie Indien warnten vor Trips in das Land der Mitte.

Firmen kündigen Konsequenzen an

Inzwischen haben die USA und Japan damit begonnen, Landsleute aus der Krisenregion zurückzuholen. Auch die deutsche Bundeswehr wird demnächst rund 90 Deutsche und ihre Angehörigen aus der Region Wuhan ausfliegen. Sie sollen nach ihrer Ankunft in Frankfurt zunächst in Quarantäne kommen. Nach Angaben des EU-Kommissars für Krisenmanagement, Janez Lenarcic, wollen rund 600 EU-Bürger Wuhan so schnell wie möglich verlassen.

Zahlreiche internationale Firmen kündigten ebenfalls Konsequenzen an. So schloss die Kleiderkette H&M Mittwoch bis auf weiteres 74 Filialen und drei Läden der Tochtermarke Monki. Auch der Möbelkonzern Ikea machte rund die Hälfte seiner Möbelhäuser in China zunächst dicht. Auch auf den Sport wirkt sich das Coronavirus aus: Ein Olympia-Test der Skirennfahrer nahe Peking fiel aus, andere Turniere werden verlegt, ein Test-Event für die Winterspiele 2022 in China gestrichen. Das chinesische Fußball-Nationalteam der Frauen sitzt unterdessen in Australien in Quarantäne. (red, APA, Reuters, 29.1.2020)