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Pro
von Oona Kroisleitner

So ein Ball bedarf reichlicher Vorbereitung: Die Haare gehören hochfrisiert, das vom Alltagstrott verbleichte Gesicht aufgehübscht – ja, auch bei den Buben. Dann quetscht man sich in die seit dem letzten Ball etwas enger sitzende Robe oder schnürt sich in den beklemmenden Frack. Das dauert. Dass da das Abendessen zu kurz kommt oder aus Eitelkeit gar darauf verzichtet wird, ist vorprogrammiert. Dann der Ball selbst. Eine recht spießige Angelegenheit.

Man drängt sich durch überfüllte Gänge, steht stundenlang an der Bar, um sich der Stimmung zuliebe mit überteuerten Getränken zuzuschütten. Kommt doch der Hunger, isst man Dinge, die in Form von Häppchen daherkommen, man will sich schließlich nicht anpatzen. Doch ist das meist weniger nahrhaft als hübsch. Um auf dem Heimweg nicht aus Lack- oder Stöckelschuhen zu fallen, muss dann was her. Was Deftiges und Geiles. Es drängt sich der Weg zum Würstelstand auf. Wer kann da schon standhaft bleiben?

Kontra
von Siegfried Lützow

Bei aller Affenliebe zum Einsermenü – Haße oder Eitrige mit Schoaf, Buckel und 16er-Blech –, aber eine rauschende Ballnacht am Würstelstand ausklingen zu lassen ist aus mehreren Gründen ziemlich daneben. Sich von Walzerseligkeit erhitzt dem Bodenfrost auszusetzen mag vielleicht für Befrackte angehen, den Königinnen des Tanzparketts ist neben dem Wechsel des Schuhwerks nicht auch noch das Schlüpfen in wärmende Beinkleider zuzumuten.

Von den Nachteilen schweren Essens zu später Stunde ganz zu schweigen. Dann schon lieber trocken würgen am folgenden Vormittag. Der Kalorienbedarf sollte schon vor dem Besteigen der Mietdroschke im Morgengrauen gestillt sein. Vor dem Ball ein Dîner (muss ja nicht im Sacher sein), dann kleine, überteuerte, aber nonchalant servierte Erfrischungen, wenn es die Tanzkarte zulässt – das sollte wirklich genügen. Das Ballerlebnis am Würstelstand noch im Odeur des Alltäglichen zu selchen entwertet die Übung.

(RONDO, 7.2.2020)