Twinni – ganz ohne Pink.

Foto: Christian Fischer

Der Sommer kann beginnen! Wir Frauen haben nun endlich unser eigenes Eis, vorbei die Zeiten, in denen wir gezwungenermaßen das genderneutrale Twinni kaufen mussten – jetzt gibt es "Twinna". "Das erste weibliche Eis des Landes", wie Eskimo meint.

Das ist also der vorläufige Höhepunkt sinnentleerten Gendermarketings. Und bevor jemand auf die Idee kommt: Nein, daran ist nicht der Feminismus schuld. Denn wer hat bitteschön jemals verlangt, dass Dinge ein Geschlecht bekommen sollen, die nie eines hatten? Nein, die Verantwortung für diese verquere, kapitalisierte Version von "Das Weibliche sichtbar machen" lassen wir mal schön bei der Industrie. Diese überschlägt sich seit etwa zehn Jahren mit neuem Zeug, für das man nur aufgrund des Faktors Geschlecht ordentlich hinblättern darf.

Der Wahnsinn beginnt zum Beispiel bei den sogenannten Gender-Reveal-Partys, wo man sich nach pränataler Verkündung des Geschlechts des Babys dem Pink-Blau-Fetisch hingibt und bei alkoholfreiem Prosecco Stereotype für "sie" und "ihn" durchdekliniert. Gendermarketing begleitet die ersten Schritte der Kinder bis ins zarte Erwachsenenalter, wenn man erste Kosmetikangebote in Anspruch nimmt – natürlich exklusiv für Frauen. Wann wohl die "Falsies Lift Mascara" in stahlblauer Verpackung für ihn auf den Markt kommt? Das dürfte noch dauern. Jedenfalls: Die Liste der Dinge, die Frauen brauchen, ist endlos. Eine pinke Twinni-Hälfte muss natürlich auch noch sein, und so überholen wir die gendermarketingmäßig verschonten 1970er-Jahre im Rückschritt.

Auf dem Leim gegangen

Und irgendwie hat es ja auch geklappt. Wir sind dem Gendermarketing bestens auf den Leim gegangen: Viele finden es inzwischen völlig normal und dem Innersten ihres Kindes entsprungen, dass sie nur "Mädchen"- und "Bubenzeug" akzeptieren. Dass schon Kleinkinder ständig darauf angesprochen werden, wenn dieses Zeug nicht zu ihrem Geschlecht "passt". Man kommt gar nicht mehr auf die Idee, dass da eine Riesenindustrie kräftig mitmischt, sondern legt verträumt den Kopf schräg und säuselt: "So sind sie halt, die Buben." Oder eben die Mädchen.

Doch wie wir sehen: Wir Erwachsenen bleiben auch nicht verschont. Außerdem werden auch Kinder einmal von kleinen zu großen KonsumentInnen – und müssen sich dann im riesigen Angebot zurechtfinden. Bei den Ohrstöpseln zum Beispiel, die einmal mit dem Slogan "Sleep Pretty" (in Pink) und einmal mit "Xtreme Protection – Hero" feilgeboten werden – und das ist nur eines der Beispiele, die die Protest- und Bildungsorganisation Pinkstinks wieder einmal zusammengetragen hat.

Also, bitte: Gönnt uns wenigsten im Sommerurlaub eine Auszeit in Grün und Orange. (Beate Hausbichler, 30.1.2020)