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Brüssel – Die Fidesz-Partei des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán muss vorerst keinen Rauswurf aus der Europäischen Volkspartei (EVP) fürchten. Derzeit gebe es in der EVP keine Mehrheit für derart "radikale Maßnahmen", sagte Parteichef Donald Tusk nach Angaben von Teilnehmern der EVP-Fraktionssitzung am Mittwoch. Vielmehr bleibe die Fidesz-Mitgliedschaft suspendiert.

Die EVP-Mitgliedschaft war 2019 wegen Orbáns EU-kritischer Haltung und mutmaßlicher Verstöße gegen EU-Grundwerte auf Eis gelegt worden. Vorher hatte die Orbán-Partei mehrfach den damaligen Kommissionschef Jean-Claude Juncker attackiert. Die EVP setzte drei Parteivertreter ein, um einen Ausschluss zu prüfen. Auch diese wurden sich dem Vernehmen nach nicht einig.

Unentschlossene CDU und CSU

Anders als angekündigt soll ein kleiner Parteitag der christdemokratischen Parteienfamilie nächste Woche weder über den Ausschluss beraten noch entscheiden. Tusk wolle das Thema gar nicht auf die Tagesordnung setzen, berichteten mehrere Teilnehmer der Fraktionssitzung. Hintergrund sei auch die unentschlossene Haltung von CDU und CSU, die zu den größten EVP-Mitgliedsparteien gehören. Der Chef der CDU/CSU-Europaabgeordneten, Daniel Caspary, hatte sich zuletzt gegen einen Rauswurf ausgesprochen.

Orbán hat einen Rechtsschwenk der EVP zur Bedingung für seine weitere Mitgliedschaft gemacht. Führende EVP-Politiker lehnen das ab. Zeitweise wurde auch spekuliert, dass Orbán Fidesz selbst aus der Parteienfamilie herausführen und im Europaparlament ein Bündnis mit der rechten Lega in Italien und der polnischen Regierungspartei PiS anstreben könnte.

Andreas Schieder, der für die Sozialdemokraten im EU-Parlament sitzt und dort der SPÖ-Delegation vorsteht, äußerte auf Twitter Unverständnis für das Zögern der EVP. "Statt sich der Verantwortung stellen, heißt es weiter Augen zu und durch – das ist feig und falsch", schrieb er. (APA, dpa, red, 29.1.2020)