Winzige Ursache, große Wirkung: Das Coronavirus zeigt aktuell wieder einmal, wie aufwendig der Kampf gegen Viren ist.
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Genf – Anti-Viren-Mittel, die ebenso simpel wie wirksam sind, gibt es durchaus: Sogenannte "viruzide" Substanzen zerstören Viren durch einfachen Kontakt – etwa Bleichmittel. Leider können sie aber nicht auf den menschlichen Körper aufgetragen werden, ohne ernsthafte Schäden zu verursachen. Schweizer Forscher berichten nun von einer Variante, die für den Menschen unschädlich ist.

Caroline Tapparel Vu von der Universität Genf und Francesco Stellacci von der ETH Lausanne hatten bereits in früheren Arbeiten ein antivirales Mittel auf Goldbasis entwickelt. Durch die Anwendung desselben Prinzips gelang es ihnen nun zusammen mit Kollegen aus Großbritannien, ein antivirales Mittel auf Basis modifizierter Zuckermoleküle herzustellen – genauer gesagt von natürlichen Glukosederivaten, den sogenannten Cyclodextrinen. Ihre Methode haben sie im Fachblatt "Science Advances" vorgestellt.

Offenbar auf alle Viren anwendbar

Modifizierte Zuckermoleküle ziehen Viren an. Indem sie die äußere Hülle des Virus zerstören, sind sie in der Lage, infektiöse Partikel durch einfachen Kontakt zu zerstören, anstatt nur das Wachstum des Virus zu blockieren. Und dieser Mechanismus scheint bei allen Viren zu funktionieren, wie die Wissenschafter bei Viren nachweisen konnten, die für Atemwegs- und Herpesinfektionen verantwortlich sind.

"Die Vorteile von Cyclodextrinen sind zahlreich: Sie sind noch biokompatibler als Gold, einfacher in der Anwendung, lösen keinen Resistenzmechanismus aus und sind nicht toxisch", sagt Samuel Jones, Co-Erstautor der Studie von der Universität Manchester und Mitglied des Henry Royce Institute for Advanced Materials. "Darüber hinaus werden Cyclodextrine bereits in großem Umfang eingesetzt, insbesondere in der Lebensmittelindustrie, was die Vermarktung von pharmazeutischen Behandlungen mit ihnen erleichtern würde", fügte Co-Erstautorin Valeria Cagno von der Uni Genf hinzu.

Es wurde bereits ein Patent angemeldet und ein Spin-off gegründet, um die pharmazeutische Entwicklung zu untersuchen, die mit dieser Entdeckung gemacht werden könnte. Sehr stabile Cyclodextrine könnten beispielsweise als Creme, Gel oder Nasenspray auf den Markt kommen. (red, APA, 30. 1. 2020)