Hummeln geht es in Stadtgebieten prächtig – das kommt auch der Pflanzenwelt zugute.
Foto: Foto: Henryk Niestrój /Pixabay

Zu einem aufs erste Hinhören verblüffenden Ergebnis sind Forscher aus Deutschland gekommen: Die Bestäubung von Blütenpflanzen funktioniere in Städten besser als in deren agrarischem Umland, berichtet das Deutsche Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv). Der Grund dafür sei vor allem eine relativ hohe Präsenz von Hummeln.

Bestandsaufnahme

Unter Leitung des iDiv untersuchte ein Team aus mehreren deutschen Forschungsinstituten den Effekt eines urbanen Umfeldes auf bestäubende Insekten und die Bestäubung selbst. Dafür verglich es blütenreiche Flächen in Innenstadtlage – etwa Parks und botanische Gärten – mit solchen im direkten Umland neun deutscher Großstädte: Berlin, Braunschweig, Chemnitz, Dresden, Göttingen, Halle, Jena, Leipzig und Potsdam.

An allen Orten diente eingetopfter Wiesen- oder Rotklee (Trifolium pratense) als Referenzpflanze für die Bestäubung. Die Artenvielfalt der Bestäuber erfassten die Wissenschafter mit Insektenfallen. Darüber hinaus zeichneten sie alle Insektenbesuche an ihren Rotkleeblüten 20 Mal am Tag für 15 Minuten auf. Später zählten sie die produzierten Samen und bestimmten damit den Bestäubungserfolg.

In Stadtgebieten brummte es nur so

Das Ergebnis: Am erfolgreichsten wurden Pflanzen in den Innenstädten bestäubt. Hier wurden die Blüten häufiger besucht als auf dem Land. Zwar fanden die Forscher auf dem Land eine insgesamt höhere Artenvielfalt und Biomasse von Fluginsekten als in der Stadt – insbesondere von Fliegen und Schmetterlingen. Letztere trugen jedoch nur wenig zur Bestäubung des Rotklees bei.

Dafür sprangen jedoch Bienen und insbesondere Hummeln (ebenfalls eine Bienenart) in die Bresche, von denen in den Städten mehr Arten vorkommen und die die Blüten auch wesentlich häufiger besuchen als andere Insekten. Drei von vier der erfassten Blütenbesucher waren Hummeln. Die Honigbiene war mit nur 8,7 Prozent der Blütenbesuche zweitwichtigster Bestäuber.

Bienen im Vorteil

Die große Vielfalt und Anzahl an Wildbienen und Hummeln in den Städten erklären die Forscher mit einer höheren Zahl geeigneter Lebensräume. So finden sie gute Nistmöglichkeiten in freiliegenden Böden, Totholz und Mauerhohlräumen und dauerhaft Nahrung durch die große Vielfalt an Blütenpflanzen in Parks und Gärten. Vermutlich kommen Bienen aber auch mit den gesamten Lebensbedingungen dort besser zurecht als andere Insektengruppen.

"Städte verändern ständig ihr Bild. Sich darin zu orientieren, ist eine Herausforderung, der besonders Bienen mit ihren ausgeprägten Fähigkeiten zur Orientierung und zum Lernen gewachsen sind", sagt Studienleiter Robert Paxton. "Fliegen und Schmetterlinge haben es hier offenbar schwerer."

Agrarland ist bestäuberfeindlich

Grundsätzlich profitierten fast alle untersuchten Insektenarten von vielfältigen Lebensraumstrukturen, die dauerhaft Nahrung, Nistplätze und Orientierung boten. Das sind im Agrarland Blühstreifen, Grünland, Wald und Hecken; in Innenstadtlagen sind es Gärten, Brachen und Parks. In einer weitreichend ausgeräumten Agrarlandschaft fehlen diese jedoch häufig.

"Ich war wirklich erschüttert, wie durchgehend schlecht die Bestäubungsleistung im Agrarland war", erzählt Paxton. "Aus anderen Studien ist bekannt, dass gerade Wildbienen und Hummeln besonders anfällig für Pestizide sind. Das könnte auch erklären, weshalb ihre Vielfalt auf dem Land geringer ausfällt bzw. in der Stadt höher ist, wo Insektizide kaum eine Rolle spielen." (red, 31. 1. 2020)