Umweltschützer sind mit dem Kohleausstiegsgesetz nicht zufrieden.

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Wien – Seit Jahrzehnten fordern Umweltschützer den Kohleausstieg Deutschlands. Am Mittwoch wurde dieser nach monatelangem Ringen mit einem Beschluss der deutschen Bundesregierung nun auf den Weg gebracht. Und dennoch haben Umweltverbände bereits massiven Widerstand gegen das beschlossene Kohleausstiegsgesetz angekündigt: Das Tempo sei zu langsam, die Entschädigungszahlungen zu hoch, und auch die Inbetriebnahme des zusätzlichen Steinkohlekraftwerks Datteln IV ist Umwelt-NGOs ein Dorn im Auge.

Das nun beschlossene Gesetz regelt das Kohle-Aus bis 2038 samt Ausstiegsplan und milliardenschweren Entschädigungen für Kraftwerkbetreiber und Beschäftigte. Insgesamt sollen Braunkohlekonzerne 4,35 Milliarden Euro an Entschädigungen erhalten, Steinkohlekraftwerke können mit Stilllegungsprämien von bis zu zwei Milliarden Euro rechnen. Um die Folgen für ältere Beschäftigte in Kraftwerken und Tagebauen abzufedern, stellt der Bund zudem bis zu fünf Milliarden Euro in Aussicht. Auch die betroffenen Regionen sollen nicht leer ausgehen, die Rede ist von weiteren 40 Milliarden Euro an Strukturhilfen.

Mehrere Staffelungen

Die Staffelungen für Stein- und Braunkohle werden unterschiedlich ausfallen: Betreiber von Steinkohlekraftwerken können sich in Ausschreibungsverfahren für Entschädigungen bewerben. Wer noch heuer vom Netz geht, kann mit maximal 165.000 Euro pro Megawatt rechnen, der Wert sinkt mit jedem Jahr und beläuft sich 2026 auf 49.000 Euro. Nach dieser Frist sind keine Entschädigungen mehr geplant, die Anlagen werden nach Alter zwangsweise stillgelegt. Bei Braunkohle gibt es einen festen Abschaltplan von 2020 bis 2038, zuerst sind Betriebe im Westen des Landes an der Reihe, später jene im Osten.

Deutschen Umweltverbänden geht all das zu langsam, sie haben bereits Großkundgebungen angekündigt. "Der Hambi-Protest war erst der Anfang", warnte Lara Eckstein von der Organisation Campact in Anspielung auf die Proteste im Hambacher Forst. Seit den 1970er-Jahren hat der Energieversorger RWE dort Wald gerodet, um den Braunkohle-Tagebau zu erweitern. Nach der Besetzung des Waldes durch Umweltaktivisten wurde die Rodung vorerst eingestellt, heuer wurde beschlossen, dass der Forst erhalten bleibt.

Nachbesserung gefordert

NGOs fordern jedenfalls eine rasche Nachbesserung des Entwurfs. Sonst drohten die Zerstörung weiterer Dörfer durch den Kohleabbau und das Verfehlen der Emissionsreduktionsziele, warnte Christoph Bals, Leiter der Umwelt-NGO Germanwatch. Lob gab es seitens Bals hingegen für die von der deutschen Regierung geplante Löschung von CO2-Zertifikaten. Durch die Schließung der Kraftwerke mit einer Leistung von mehr als 42 Gigawatt werden in den nächsten Jahren mehrere Millionen an Zertifikaten in den EU-Emissionshandel gespült. Damit deren Preise nicht in den Keller rasseln, sollen sie gelöscht werden. (red, 29.1.2020)