Ministerpräsident Li Keqiang soll die Corona-Krise managen.

Foto: imago images/Kyodo News

Für den chinesischen Premierminister Li Keqiang ist die Wuhan-Grippe eine glänzende Gelegenheit, seinen Ruf etwas aufzupolieren. Offiziell die Nummer zwei im sonst opaken chinesischen Kaderbetrieb, ist der 64-Jährige in den vergangenen Jahren arg in den Hintergrund gerutscht. Kenner sprechen gar von einem der schwächsten Premiers der jüngeren chinesischen Geschichte – was vor allem damit zu tun hat, dass der aktuelle Staatspräsident Xi Jinping als der mächtigste seit Mao Zedong gilt. So kann Li, anders als seine Vorgänger, kaum noch Einfluss auf die Wirtschaftspolitik nehmen. Li lächelt im Gegensatz zu Xi wesentlich häufiger, seinem Charisma aber hilft das wenig.

Li erhält nun quasi eine neue Chance, sich zu profilieren. Er traf am Montagmorgen in Wuhan ein und präsentierte sich als Krisenmanager. Diese Aufgabe sei ihm von Präsident Xi anvertraut worden, berichten die Staatsmedien. Dort besuchte er zunächst das Jinyintan-Krankenhaus, in dem sich die meisten Infizierten befinden. Anschließend besuchte er die Baustelle, an der gerade im Rekordtempo ein neues Krankenhaus mit tausend Betten hochgezogen wird. Fotos von ihm mit Mundschutz im Kreis einiger Ärzte gingen um die Welt und sorgten für Applaus im chinesischen Netz. Zudem ist Li nun Vorsitzender einer neuen Arbeitsgruppe, die von Wuhan aus den Kampf gegen das Virus lenken soll.

Hartes Schicksal

Als Premier ist Li offiziell Vorsitzender des Staatsrats und für das politische Tagesgeschäft verantwortlich. Wie auch die Nummer eins im Staat, Xi Jinping, wurde er während der Kulturrevolution aufs Land verschickt, um harte körperliche Arbeit zu verrichten. 1976, in Maos Todesjahr, trat er der Kommunistischen Partei bei und machte zunächst in der Jugendorganisation Karriere. 1999 wurde er mit 43 jüngster Gouverneur einer Provinz und 2013 vom Volkskongress zum Premierminister gewählt.

Schon 2009 hatte sich der mit einer Wirtschaftsprofessorin Verheiratete als Krisenmanager einen Ruf gemacht: Damals war das H1N1-Virus, auch bekannt als Schweinegrippe, ausgebrochen. Das war allerdings nicht immer so. Als 1998 ein Skandal um HIV-verseuchte Blutspenden in der zentralchinesischen Provinz Henan ans Licht kam, tat Li zunächst alles, um Medienberichte zu unterdrücken. Erst drei Jahre später gab die Zentralregierung das Versagen zu. Zehntausende hatten sich infiziert. (Philipp Mattheis, 30.1.2020)