Glückszahl

Andreas Stockinger

Was denn, diesmal kein Porsche? Die Frage des geschätzten Kollegen war nicht unberechtigt, im Normalfall ist bei mir Zuffenhausen eine sichere Bank. Diesmal nicht, weil: keinen neuen selbst gefahren, was schließlich ein Wertungskriterium ist. Den neuen 911er hatte ich weitergereicht, für den Taycan ergab sich noch keine Kennenlerngelegenheit – er taucht aber eh drüben beim Rudi auf.

5,08 Meter gestreckte Eleganz: BMWs 8er Gran Coupé ist eine ästhetische Wohltat angesichts der vielen SUVs.
Foto: Der Standard

Ich werd’ nicht länger drum herumreden, meine Wertung lautet: BMW 8er Gran Coupé vor Peugeot e-208 vor VW Golf 8. Drei 8er, fällt mir auf. Chinesische Glückszahl. War aber nicht Absicht. 8er Gran Coupé: quasi auf den letzten Drücker "reingeschneit". Lernte ich kennen beim BMW-Wintertraining in Sölden und am Rettenbachferner. Vier Meter hoch zugeschneit und -geweht hatte es die Ecke dort oben, aber so schneeblind konnte man gar nicht sein, um die blendende Pracht des Weiß-Blauen zu übersehen. Während des Jahres hatten schon 8er Coupé und Cabriolet nachhaltig zu beeindrucken verstanden, die viertürige Version setzt dem noch die Krone auf. So viel Schönheit will belohnt sein.

Es ist ja so, dass man inzwischen meint, außer SUVs und SUVs und noch mal SUVs – bei allen begreiflichen Vorzügen der megatrendigen Kategorie – kaum mehr was anderes im Straßenbild wahrzunehmen. Leider wird man dem 8er Gran Coupé nicht allzu oft begegnen, BMWs bewährte Hochpreispolitik schiebt da schon einen Riegel vor. Unter einem Hunderter ist nicht mal nackig was zu machen, günstigstenfalls reden wir von 102.750 Euro, das wäre der 840i mit 340 PS, der teuerste schlägt mit 192.500 Euro zu Buche, das wäre dann der M8 mit 600 Pferden.

Den zweiten Stockerlplatz fuhr der Peugot 208 heraus, nämlich die Elektro-Version.
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Bronze für den Golf. Die achte Generation setzt wieder Klassenmaßstäbe.
Foto: Hardy Mutschler

Nicht ökologisch korrekt, meinen Sie? Mag sein (und eine Frage der Perspektive), aber es standen erstens Ästhetik und Fahreigenschaften im Vordergrund und zweitens kommt das jetzt beim Silbermedaillisten zum Tragen, dem e-208 von Peugeot. Der Kleine scheint generell ein großer Wurf zu sein, und weil der PSA-Konzern das anders macht als VW – hie Architekturen für verbrennungsmotorische und elektrifizierte Antriebe (MQB etwa), da solche für reine Elektromobile (MEB zum Auftakt) -, bringen die Franzosen Dieselaggregate, Benziner und eben eine batterieelektrische Version in einem unter.

Jetzt klingen die 31.900 Euro, die für den e-208 fällig sind, zwar immer noch happig, sie sind aber im Vergleich zu den ganzen Elektro-SUVs, die allesamt auf 100.000 plus/minus kommen, geradezu ein Schnäppchen. Wenn, dann wird diese Form der Mobilität mit so was ihre erste zarte Massenverbreitung finden. Bis zu 340 km weit kommen wir mit dem Peugeot, wenn nicht gerade Winter oder Hochsommer ist, die 136 PS sind absolut ausreichend, fesch ist er obendrein, der wackere Gallier. Außerdem ist der Konzern unerwartet früh dran mit Elektroautos, auch dafür einen Pluspunkt.

Rang drei für die Neuauflage eines der erfolgreichsten Autos der Welt, den Golf, der sich seit 1974 über 35 Millionen Mal verkaufte. Achte Generation, meine Güte, die Zeit vergeht. Wird den 35 Mille weitere hinzufügen. Kostet vermutlich ab ca. 22.000 Euro (Marktstart ist im März). Betreibt enormen öko-technischen Aufwand im Antriebskapitel. Ist leider so voll vernetzt, dass permanent irgendwo Nullen und Einsen auf einen lauern. Fährt sich aber auf neuem Niveau so, wie man das vom Fastalleskönner Golf immer erwarten konnte: tadellos. (Andreas Stockinger, 30.01.2020)

Die Vorteile zweier Welten

Rudolf Skarics

Noch ist das rein elektrische Auto nicht für jeden Zweck praktikabel. Doch wer wirklich sehr viel großräumig unterwegs ist und extrem flexibel sein muss, kann wenigstens zeitweise in den Genuss des Elektroantriebs kommen, wenn er Plug-in-Hybrid wählt. Außerdem hat Plug-in noch einige Vorteile zusätzlich: Aufgrund des geringen CO2-Ausstoßes auf dem Papier erspart man sich die Normverbrauchsabgabe, was vor allem bei üppig motorisierten, großen, schweren Autos eine hübsche Summe im mittleren vierstelligen Bereich sein kann.

Plug-in-Sieger: Der Mercedes E 300 de kombiniert einen sparsamen Diesel mit einem E-Antrieb
Foto: DaimlerAG - Global Communication

Besonders interessant ist die Kombination des Elektroantriebs mit dem Dieselmotor. Im ersten Moment möchte man meinen, dass es für den ohnehin sehr sparsamen Dieselmotor keinen Grund gäbe, ihn auch noch zu elektrifizieren. Doch es gibt auch für den Diesel-Hybrid kräftige Argumente: eine enorme Reichweite mit dem sparsamen Dieselmotor auf der Langstrecke und zusätzlich die Möglichkeit, die Kurzstrecken rein elektrisch zurückzulegen. Denn auf der Kurzstrecke liegt der Dieselmotor im Verbrauch ungünstig, ist dabei hauptsächlich mit Abgasreinigen beschäftigt – mit entsprechend hohem Wartungsbedarf und Verschleißerscheinungen seitens Filter und Katalysatoren. Ein Phänomen, von dem Taxiunternehmer und Fuhrparkmanager ein Lied singen können.

Genau an dieser Stelle hakt Mercedes ein. Wer in seinem Nutzungsprofil nicht nur die Langstrecke hat, sondern auch Kurzstrecke und Stop-and-go, erschließt sich mit einem Plug-in-Hybrid auf Dieselbasis die Vorteile zweier Welten. In diese Argumentationslinie passt auch die E-Klasse von der Statur her gut hinein – und der Kombi ganz besonders. Natürlich bewegen wir uns hier im Nutzungsspektrum hoher Kilometerleistungen, sonst ist das wirklich alles zu viel des Guten. Aber fürs Kilometerfressen ist die E-Klasse tatsächlich eine gute Basis. Also: Wenn das Leben Sie zwingt, richtig viel und weit Auto zu fahren und dabei auch noch einiges zu transportieren, ist das eine naheliegende Wahl.

Die Neuauflage des Elektro-Pioniers Renault Zoe schafft es auf Platz zwei.
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Und schließlich der Taycan. Porsche positioniert sich glaubhaft für die Zukunft.
Foto: Delia Baum

Wenn Sie hingegen ein vernünftiges Auto benötigen, um Ihre täglichen Wege zwischen Arbeit, Kindergarten, Altersheim und Supermarkt zu bestreiten, wenn Sie am Wochenende nicht gleich auf einen Kaffee bis Caorle oder Abbazia fahren wollen, sondern eh nur die Verwandten in Scheibbs besuchen, ist der Renault Zoe ideal. Das meistverkaufte Elektroauto in Europa, seit sechs Jahren am Markt, jetzt schon nach der zweiten Überarbeitung mit großer Batterie und einer Reichweite von realistischen 300 km. Um es ganz knapp zu sagen: das leichtfüßigste aller Elektroautos. So sieht das gute E-Auto aus.

Und jetzt das Böse: Der Porsche Taycan musste in die Reihung hinein, wenn auch nur an die dritte Stelle, weil er natürlich alle Vernunftsperspektiven unterläuft. Gut gemacht trotzdem: Der erste vollelektrische Porsche ist auch ein Vollporsche geblieben, womit die Chance aufrecht bleibt, dass das letzte Auto, das einst gebaut werden wird, ein Sportwagen sein würde – ein Satz, den Ferdinand Porsches Sohn Ferry als letztes Vermächtnis hinterließ. (Rudolf Skarics, 30.01.2020)

Kein Kindergarten

Michael Völker

Ein heruntergekommenes Hotel in Maranello, ein unambitioniertes Rahmenprogramm, ein schlichtes Abendessen auf dem Werksgelände. Ferrari haut sich bei Medienterminen nicht unbedingt ins Zeug, um die Journalisten zu beeindrucken. Ferrari lässt komplett das Tatü und das Tata weg. Weil Ferrari einfach die besten Autos hat. Und eine Rennstrecke fast in Rufweite vom Werksgelände, wo man ein bisschen auch ausprobieren kann, was das Auto kann, wenn man das denn kann.

Foto: Der Standard

Ich habe an dieser Stelle schon mehrfach einen Ferrari an die erste Stelle gehievt, und ich tue das auch heuer wieder. Ganz einfach aus dem Grund, dass der jeweilige Ferrari das aufregendste Auto ist, das ich in diesem Jahr gefahren bin. Wohlgemerkt nicht das vernünftigste oder praktischste Auto, sondern das aufregendste, wo der Mund trocken wird beim Fahren.

Und finanziell in einer Liga, bei der zumindest ich nicht lange nachdenken muss, nein, das geht sich nicht aus. Knapp 300.000 Euro, und das für ein Auto, mit dem ich Mika nicht in den Kindergarten bringen dürfte, von meiner Frau aus. Dabei ist genau das die Stärke des Ferrari F8 Tributo: Das Auto ist rennstreckentauglich und zugleich auch gemütlich im Alltag einsetzbar, ohne dass man sich beim Schalten die Finger bricht, wie das früher bei Ferrari einmal der Fall war. Der Tributo lässt sich auch ganz normal fahren, und vor dem Kindergarten gäbe es ganz sicher einen Riesen-Bahöl, und ich würde den Kleinen gütig erklären: Ja, der hat wirklich 720 PS, aber nur acht Zylinder, das hat Ferrari ganz toll hingekriegt. Gut, hinten ist kein Platz für den Kindersitz, aber Mika sitzt ohnedies lieber vorn, da ist mehr los, und die Mama quatscht nicht dauernd rein. Aber erklären Sie das einmal meiner Frau.

Der Mercedes EQC zeigt, wie komfortabel die elektrische Zukunft aussieht.
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Škoda Karoq zeigt das Machbare und Vernünftige in zwei Preisklassen darunter.
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Bevor es langgezogene Ohren meinerseits gibt, Themenwechsel: Mercedes EQC, blöder Name, aber Platz zwei meiner persönlichen Wertung. Weil das die Zukunft ist, da wird es Ferrari nur mehr im Museum geben, Mercedes aber mit Elektroantrieb. Mit dem EQC zeigt Mercedes eindrucksvoll, wie toll das sein kann. Voller Komfort, fantastische Leistung, ein beglückendes Fahrgefühl, null Emissionen und null Lärmentwicklung.

Das hat nicht nur seinen Preis, nämlich knapp 100.000 Euro, was den Klimaschutz zu einem Luxusvorhaben macht, das funktioniert derzeit auch nur halbherzig. Die Ladezeiten, bis eine leere Batterie wieder voll ist, sind absurd – noch. Das wird irgendwann besser werden (müssen), zeigt aber ganz gut den aktuellen Stand der Entwicklung auf. Dass Mercedes seine Elektrisierung mit so einem Riesenkrapfen an Auto startet, muss man nicht verstehen.

Damit sind wir in der Normalität, in der Realität, im funktionierendem Alltag angelangt, vernünftig, auch leistbar. Škoda Karoq. So ein unaufgeregtes, praktisches, gemütliches und komfortables Auto, da sitzt und passt alles. Um die 30.000 Euro, ein großer, einfach zu beladender Kofferraum, eine flexible zweite Sitzreihe, die sich verschieben und umklappen lässt, bitte unbedingt mit dem Doppelkupplungsgetriebe, das VW entwickelt hat, da reichen 115 Benziner-PS, 150 sind noch besser.

Keine Frage, im Ferrari ist es lustiger und schneller, im Mercedes komfortabler und leiser, aber im Škoda hat meine Frau keinerlei Bedenken – und das ist auch viel wert. (Michael Völker, 31.01.2020)