Zwar errichtete Otto Wagner 1910 eine Musterachse seines geplanten Stadtmuseums am Wiener Karlsplatz und verschickte Fotobroschüren, dennoch wurde es nie umgesetzt.

Foto: Privatbesitz

Flanierende Menschen vor Jugendstilbauten, rechts die Secession, geradeaus die Wienzeile. Eine Szene, wie sie der Wiener Architekt Otto Wagner 1909 zeichnerisch geplant hatte. Die Realität vor der Bebauung zeigt nun eine Fotografie mit derselben Ansicht. Erstmals kann diese mit der Zeichnung gemeinsam betrachtet werden. Denn erst kürzlich wurde eine ganze Schachtel mit Fotografien entdeckt und dem Nachlass Wagners zugeordnet.

Dreißig der insgesamt achtzig Originalabzüge werden im privaten Photoinstitut Bonartes ausgestellt, das auf historische Fotografie spezialisiert ist. "Ein Architekt als Medienstratege" würdigt den großen Architekten der Moderne nun auch als Fotografen.

Zwar wurden Ende des 19. Jahrhunderts bereits Fotografien genutzt, um Skizzen authentischer zu gestalten, doch Otto Wagner erkannte das volle Potenzial des Mediums. "Die Fotografie war mehr als nur ein Hilfsmittel für ihn", so Kurator Andreas Nierhaus.

Eigenwerbung und Privatfotos

Architekturzeitschriften zeigen, dass Wagner seine eigenen Gebäude fotografierte oder fotografieren ließ, die Bilder dann selbst zuschnitt und an die Redaktionen verschickte. Er vergrößerte Details und zoomte quasi an sie heran. "Wenn Wagner heute noch leben würde, wäre er der erste Architekt auf Instagram", meint Nierhaus.

Dieser Vergleich mag profan klingen, doch er passt: Wagner publizierte private Fotografien, die er mit der Handkamera seiner Tochter machte. Woher man das weiß? In seinen Tagebüchern schrieb er davon. Erstmals sieht man die Innenräume der Hütteldorfer Villa und der Stadtwohnung mitsamt der gläsernen Badewanne aus neuen Perspektiven.

Mit selbst angefertigten Broschüren versuchte Wagner auf seine moderne Architektur aufmerksam zu machen. Mit seinem Projekt des Stadtmuseums am Karlsplatz scheiterte der Medienstratege jedoch. Die Fotografien erinnern an seine Idee. (Katharina Rustler, 30.1.2020)