Einst ein aufgelegtes Szenario für dystopische Bücher und Filme, heute eine begründete Sorge. Sich vor versteckten Aufnahmegeräten in Reiseunterkünften zu fürchten sollte man nicht länger als Paranoia abstempeln, sondern eher als gesunde Angst verstehen.

Das schreibt Suzanne Kelleher bei "Forbes". Ihre Empfehlung – nicht nur an per Videobeweis zum Rücktritt gezwungene Politiker wie H.-C. Strache: Man sollte das eigene Hotelzimmer, die Ferienwohnung und andere Räumlichkeiten sicherheitshalber nach Kameras absuchen.

In Südkorea sind versteckte Kameras zu einer wahren Plage geworden.
Foto: AFP

Ihre Begründungen dafür sind durchaus nachvollziehbar. In der jüngeren Vergangenheit wurden einige Fälle bekannt. Sie erstrecken sich von amerikanischen Airbnb-Unterkünften über australische, indische und chinesische Hotels bis nach Südkorea, wo eine Bande in zahlreiche Hotelzimmer vernetzte Aufnahmegeräte eingeschmuggelt und gegen Entgelt Livestreams zur Verfügung gestellt hatte.

Spycam-Plage in Korea

In dem ostasiatischen Land hat sich das Spycam-Phänomen zu einem fast epidemieartigen Problem entwickelt. Allein 2017 landeten mehr als 6.400 Fälle bei den Behörden, was fast eine Verdreifachung binnen fünf Jahren darstellt. 2018 gingen in der Hauptstadt Seoul tausende Frauen auf die Straße, um die Regierung unter dem Slogan "My Life Is Not Your Porn" ("Mein Leben ist nicht euer Porno") zu Maßnahmen aufzurufen. Die Stadtverwaltung lässt seitdem immer wieder eigene Teams patrouillieren, die öffentliche Toiletten auf versteckte Kameras prüfen.

Im Internet werden Spionagegadgets aller Art verkauft. Kameras und Mikrofone finden sich mittlerweile in einer Vielzahl scheinbar harmloser Gegenstände: USB-Ladegeräte, elektrische Zahnbürsten, Kugelschreiber, Bilderrahmen und Lichtschalter sind nur der Anfang. Auch die Kameras selbst, deren Linse kaum größer ist als ein Stecknadelkopf, können billig erworben werden. Dazu muss man nicht mehr auf Plattformen wie Aliexpress aus Fernost bestellen. Mittlerweile findet man derlei Ware auch bei Onlineshops wie Amazon und Ebay.

Geräte werden immer mächtiger

Die kleinste Kamera, die der Sicherheitsexperte Randy Andrews je gesehen hat, war in den Kopf einer Kreuzschlitz-Schraube eingebettet und ohne ganz genaues Hinsehen nicht erkennbar. Die Geräte werden nicht nur kleiner, sondern auch vernetzter. Mittlerweile müssen die Kameras nicht einmal mehr ausgebaut werden, um die eingesteckte SD-Karte auszuwerten, sondern sie lassen sich mit einem WLAN-Netzwerk verbinden und können ihre Aufnahmen automatisiert in die Cloud hochladen oder gar streamen. Die Einrichtung sei heutzutage noch dazu ein Kinderspiel, so Andrews.

Klein, vernetzt, billig – "Spycams" lassen sich mittlerweile einfach bei Amazon und Co bestellen.
Screenshot: Amazon.de

Legal installiert sind die Überwachungsgeräte freilich nicht. Hotels ist etwa sowohl nach amerikanischem als auch nach heimischem Recht untersagt, Zimmer mit Kameras zu bestücken. Und auch in der Privatvermietung kommt man nicht nur in einen potenziellen Konflikt mit dem Gesetzgeber, sondern auch den Richtlinien von Plattformen wie Airbnb, die Kameras in Gästeräumen explizit verbieten.

Wie und wo man nach versteckten Kameras sucht

Wer seine Hotelzimmer oder spanischen Fincas auf Überwachungsequipment prüfen möchte, kann sich digitale Hilfe holen. Die von Andrews mitentwickelte iPhone-App Hidden Camera Detector verwendet Kamera und Blitz des Handys, um beim Absuchen der Umgebung über Reflexionen mögliche Kameralinsen aufzuspüren. Außerdem sucht sie via WLAN und Bluetooth nach verdächtigen Geräten, bei denen es sich um Kameras handeln könnte. Der Haken: Nach Ablauf einer dreitägigen Gratisphase muss man für die Verwendung ein Abo um vier Euro pro Monat abschließen.

Andrews hat aber auch ein paar Tipps für die manuelle Suche auf Lager. Steht etwa ein Wecker neben dem Bett, sollte man diesen nach einem SD-Karten-Steckplatz absuchen. Besonderes Augenmerk verdient auch der Rauchmelder, bei dem ein kleiner schwarzer Punkt auf der Unterseite auf eine Kamera hindeuten könnte.

Aufmerksam sein sollte man auch bei Geräten, die deplatziert wirken. Steckt in der Steckdose ein Handyladegerät, wenn man ein Hotelzimmer bezieht, sollte das stutzig machen. Denn Hotelpersonal sucht Zimmer normalerweise nach "Hinterlassenschaften" der Vorbesucher ab und entfernt diese, während der Raum für den nächsten Gast vorbereitet wird. "Man muss nicht übertrieben paranoid sein", sagt der Sicherheitsfachmann. "Man sollte bloß etwas aufmerksamer auf seine Umgebung schauen." (gpi, 2.2.2020)