Paris/Nouméa – Die Nationalversammlung in Paris hat eine Änderung des Wahlgesetzes für das kommende Unabhängigkeitsreferendum in Neukaledonien abgelehnt. Die Abgeordneten folgten damit der Empfehlung der Rechtskommission des Parlaments von vergangener Woche. Diese hatte zur Beibehaltung der aktuellen Regelung geraten, wonach für Nichtkanaken höhere Hürden für die Aufnahme in die Wählerliste gelten als für die ursprünglichen Einwohner der Inselgruppe.

Das südpazifische Inselparadies Neukaledonien strebt nach Unabhängigkeit von Frankreich.
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Im September wird im französischen Überseegebiet im Südpazifik erneut über die Unabhängigkeit von Frankreich abgestimmt. Grundlage für das Referendum ist das Nouméa-Abkommen von 1998, das insgesamt drei mögliche Referenden einräumt. Eine erste Abstimmung ging im November 2018 mit einer relativ knappen Mehrheit von 56,4 Prozent gegen eine Unabhängigkeit aus. Eine Entscheidung des Parlaments für eine Wahlrechtsänderung hätte das Kräfteverhältnis zugunsten der Unabhängigkeitsgegner verbessert. Mit der Ablehnung der Vorlage steigen die Chancen der Kanaken auf ein Ja zur Abspaltung von Frankreich.

Die Nationalversammlung in Paris lehnte die Wahlrechtsänderung ab.
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Die Gegner der Unabhängigkeit hatten in ihrer Vorlage argumentiert, dass die bestehende Regelung gegen die Gleichheit verstößt. Während die Kanaken automatisch auf die Wählerliste kommen, müssen sich im Gegensatz dazu viele wahlberechtigte Nichtkanaken, die länger als drei Jahre in Neukaledonien wohnen, aktiv in die Wählerliste eintragen lassen. Diese sollen vorab persönlich kontaktiert und zur Eintragung aufgefordert werden, hatte Frankreichs Premier Édouard Philippe versprochen.

Zufriedenheit und Kritik

Der Abgeordnete und ehemalige Gouvernementspräsident Neukaledoniens Philippe Gomès, der die Initiative im französischen Parlament eingebracht hat, sieht durch die Ablehnung der Anpassung der Wählerlisten die Legitimität des Referendums in Mitleidenschaft gezogen. Die vom Staat an die potenziell Wahlberechtigten versandten Briefe hätten ihr Ziel nicht erreicht. Von 5.400 betroffenen Wählern würden es letztlich nur rund 20 Prozent auf die Liste schaffen.

Der Abgeordnete Philippe Gomès brachte den Antrag auf eine Gesetzesänderung für die Wählerliste des Referendums ein.
GDP Calédonie
Am 6. September müssen die Einwohner Neukaledoniens erneut über Ja oder Nein zur Unabhängigkeit entscheiden, doch nicht alle werden teilnehmen können.
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Auch Virginie Ruffenach findet das Votum "bedauerlich". Die Generalsekretärin des Rassemblement pour la Calédonie dans la France (Die Versammlung für Kaledonien in Frankreich, LR) erklärte, dass es "eine Diskriminierung zwischen den kaledonischen Bürgern gibt": Einige müssten im Gegensatz zu anderen nicht aktiv werden, um auf die Wählerliste für das Referendum zu kommen. Dennoch seien beide Kaledonier.

Der Generalsekretär der Union Calédonienne (Kaledonische Union, UC), Pierre-Chanel Tutugoro, hingegen freute sich über die Entscheidung: "Wir sind sehr zufrieden mit der Ablehnung bei der Abstimmung, die der Ablehnungsempfehlung der Rechtskommission folgt", erklärte der Abgeordnete des Kongresses in Nouméa. (Michael Vosatka, 31.1.2020)

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Das nach der Regionalhauptstadt benannte Nouméa-Abkommen gesteht Neukaledonien weitreichende politische Rechte zu.
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