Verkehrsministerin Leonore Gewessler kam mit dem Fahrrad zur Amtseinführung. Aha. So weit, so wurscht. Oder? Nicht ganz.

Verkehrsministerin Leonore Gewessler mit dem Fahrrad, am Weg zur Angelobung.
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Denn in Österreich ist es tatsächlich noch erwähnenswert, wenn ein Mensch mit Macht Kurzstrecken nicht per Auto zurücklegt. Auch, wenn das gewählte Fahrzeug schlicht eine Vernunftlösung ist: Alexander Van der Bellen nimmt die U-Bahn? Werner Kogler sitzt im Railjet? Und die Verkehrsministerin fährt Fahrrad. Quelle Sensation! Quelle surprise!

Kaum ein Blatt, das dies nicht vermeldete. Manche erklärten die zukünftige Wahl des ministeriellen Weiterkommens gleich zur grünen Gretchen-, weil Glaubwürdigkeitsfrage. Gerade so, als gäbe es nicht – parteiübergreifend – für jeden Zweck das zweckmäßigste Verkehrsmittel: Zu Fuß gehen. Öffi. Rad. Bahn. Auto. Mitunter sogar das Flugzeug.

Verkehrs-Mindset

Die wahre Geschichte an dieser Geschichte ist die Frage, wieso sie heute noch eine ist. Wieso Ministerinnen am Rad noch immer auffallen.

Das sagt viel über das Verkehrs-Mindset aus. Auch über das der Veröffentlichen: Auf den "launigen" Schlenker "brav mit Helm und alle Ampeln beachtend" verzichtete kaum jemand. Doch der vermeintliche Witz bedient nur dumme Stereotype und falsche Bilder – die vom grundsätzlich regelwidrig fahrenden Radfahrer. Anderswo wäre derlei undenkbar: "Bundeskanzler Sebastian Kurz fuhr selbst und schrieb dabei – brav! – weder SMS, noch überholte er Radfahrer mit weniger als 1,50 Metern Seitenabstand" wird man nie lesen. Und zwar absolut zu Recht. (Thomas Rottenberg, 31.1.2020)