Heidi Glück (links) war einst unter Wolfgang Schüssel Pressesprecherin. Jetzt spielt sie laut Branchenkennern in der "Champions' League" der Berater

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Sechsundvierzigtausend Euro Steuergeld erhielt die PR-Beraterin Heidi Glück aus dem Bildungsministerium dafür, die kritische Ombudsfrau Susanne Wiesinger zu betreuen. In sozialen Medien galt das rasch als Skandal – besonders nachdem Wiesinger ihren "Beratern" vorgeworfen hatte, sie nicht unterstützen, sondern kontrollieren zu wollen.

Für viele Kritiker war klar, was passiert war: Der bösen Beraterin, die "ihrer" Partei ÖVP seit Jahrzehnten treu ist, wurden vom Ministerium hohe Beträge zugeschanzt, um eine kritische Stimme zu zensieren. Glück verwies hingegen darauf, dass Wiesinger Unterstützung brauchte, um ihren Bericht als Ombudsfrau zu strukturieren und fertigzustellen.

Wer mit hochrangigen PR-Experten und ehemaligen Politikern spricht, bekommt jedenfalls ein anderes Bild von der angeblichen "Berateritis", die in Ministerien zu grassieren scheint. So hat Glück für ihr Engagement 284 Arbeitsstunden abgerechnet.

Das ergibt einen Brutto-Stundensatz von 186 Euro, von denen auch Mitarbeiter und Büroräumlichkeiten bezahlt werden. Im Vergleich mit Beträgen, die PR-Berater von anderen Kunden aus der Wirtschaft erhalten, ist Glücks Stundensatz ein Klacks, sagen Branchenkenner.

"Heidi Glück spielt in der Champions League der PR-Berater – angesichts dessen ist dieser Stundensatz extrem günstig", sagt ihr FPÖ-affiner Kollege Heimo Lepuschitz. Es sei aber grundsätzlich so, dass Aufträge von Ministerien vergleichsweise schlecht bezahlt seien, bestätigt Stefan Sengl, der vor allem für rote Politiker tätig war.

Außerdem müssen sich Berater im Klaren sein, dass ihre Unternehmen beispielsweise durch parlamentarische Anfragen in der Öffentlichkeit auftauchen.

Keine großen Sprünge

Warum tut man sich das dann an? Für Lepuschitz, der die FPÖ unter Türkis-Blau in Kommunikationsagenden beriet, ist die Arbeit in der Politik per se spannend: "Wir sind ja politische Menschen." Tatsächlich waren viele Berater einst direkt im Gefüge einer Partei oder eines Ministerkabinetts tätig, bevor sie sich selbstständig machten: Heidi Glück war Pressesprecherin von Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP), Sengl machte in den 1990er-Jahren "politische Jugendarbeit" und leitete später, nach der Gründung seiner Agentur The Skills Group, die Kampagne von Bundespräsidentschaftskandidat Heinz Fischer. Lepuschitz war unter anderem Pressesprecher des BZÖ.

Heimo Lepuschitz war einst Sprecher des BZÖ. Zu sehen ist er ganz rechts, neben Jörg Haider (Mitte) und Stefan Petzner (links)
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Neben dem "Reiz der Aufgabe" bieten Aufträge von Ministerien auch die Chance, Kontakte und Zugänge aufzubauen. Auch Sengl hält es für ein Motiv, "einen Fuß in der Tür zu haben". Den haben unzählige Unternehmen und Berater: Regelmäßig fragen Oppositionspolitiker ab, welche Kosten durch Aufträge an Externe in den einzelnen Ministerien entstanden sind.

Eine Anfrageserie der Neos zeigte beispielsweise, dass die damals türkis-blaue Regierung im Jahr 2018 56,4 Millionen Euro für externe Dienstleistungen ausgegeben hat – eine Steigerung von fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Allerdings sind hier viele Bereiche umfasst, von Veranstaltungsmanagement bis zur Rechtsberatung.

Sparen Berater Steuergeld?

Sowohl Sengl als auch Lepuschitz beteuern, dass durch die meisten externen Berateraufträge langfristig Steuergeld gespart werde. "Man hat projektbezogene Geschichten oder eine große Veranstaltung, bei der man Hilfe braucht", erklärt Sengl. Es sei billiger, hier temporär zuzukaufen, als zusätzliches Personal einzustellen, ergänzt Lepuschitz. Klar: Die beiden werben natürlich für ihre Branche. Aber auch Georg Krakow, einst Kabinettschef im Justizministerium, jetzt im Vorstand von Transparency International, erkennt die Sinnhaftigkeit von Beratertätigkeiten prinzipiell an.

Stefan Sengl betreute unter anderem die Präsidentschaftswahlkämpfe von Heinz Fischer
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Er verweist etwa auf die Justiz, wo auch immer wieder externe Sachverständige hinzugezogen werden. Man brauche Berater mit Erfahrungen, die man innerhalb eines Ministeriums einfach nicht machen könne, so Krakow: etwa wie man große Organisationen woanders umbaue.

Problematisch sei, dass Aufträge unter 100.000 Euro immer noch "freihändig" vergeben würden, sagt Krakow. Er will, dass Ministerien "mindestens drei Angebote einholen und Details zum Beschaffungsvorgang veröffentlichen". Die von der türkis-grünen Regierung avisierte Abschaffung des Amtsgeheimnisses könnte hier Abhilfe schaffen. Auf mehr Transparenz freuen sich jedoch nicht alle. Während Sengl nicht denkt, dass dadurch "große Betriebsgeheimnisse öffentlich" werden, hält Lepuschitz "persönlich wenig davon", wenngleich er "die Argumente versteht".

Hauptsorge der PR-Berater ist vor allem, dass die Verträge zeigen, wie günstig ihre Stundensätze für die Politik sind. Das könnte Nachlassforderungen von anderen Kunden hervorrufen – ein Problem, das momentan vielleicht auch Heidi Glück plagt. (Fabian Schmid, 31.1.2020)