Ein bisschen weniger möchte Bundeskanzler Sebastian Kurz dem EU-Budget beisteuern.

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Das Vereinigte Königreich war gerade einmal wenige Stunden aus der Europäischen Union ausgetreten, da zeichneten sich schon die ersten Probleme ab. Der Austritt der Briten reißt klarerweise eine Lücke ins Budget der Union. EU-Kommissar Günther Oettinger bezifferte dieses für den Anfang auf rund zwölf Milliarden Euro in einem Gesamthaushalt von 160 Milliarden Euro pro Jahr. In weiterer Folge würden es 14 Milliardenwerden. Aus diesem Grund findet am 20. Februar in Brüssel ein EU-Sondergipfel zum mehrjährigen Finanzrahmen 2021–2027 statt. Der Vorschlag der EU-Kommission, den Beitrag der Staaten auf 1,11 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu erhöhen, bringt nun den türkis-grünen-Koalitionsfrieden ins Wanken.

Am Tag nach dem Brexit droht ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz mit einem Veto gegen den nächsten EU-Finanzrahmen.
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Im Ö1-Morgenjournal am Samstag kündigte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) an, ein Veto gegen diese Erhöhung einzulegen, wenn die Kommission keinen "akzeptablen Vorschlag" vorlege. Eine Gruppe von Nettozahler-Staaten, darunter Österreich, will den Beitrag, den die EU-Länder zum Gemeinschaftsbudget leisten, bei einem Prozent der Wirtschaftsleistung belassen.

Grüne plädieren auf proeuropäische Haltung

Selbst der Koalitionspartner der ÖVP stellt sich gegen die Ankündigung. "Wir sind für eine Erhöhung und verhandeln das gerade mit Sebastian Kurz. Diese Ankündigung ist inhaltlich falsch, und mit einer proeuropäischen Haltung wären es sogar weit über 1,11 Prozent", sagte Michel Reimon, Sprecher für Europapolitik der Grünen, im Gespräch mit dem STANDARD. Unterm Strich werde eine Erhöhung über das eine Prozent herauskommen müssen, so niedrig, wie Kurzsich das vorstelle, könne es schlichtweg nicht funktionieren.

Das EU-Parlament beispielsweise hat eine Erhöhung auf 1,3 Prozent ins Spiel gebracht. Der Kovorsitzende der Europäischen Grünen, Thomas Waitz, kann dieser Idee einiges abgewinnen: "Wir tragen die Position des EU-Parlaments voll mit und halten den Kompromissvorschlag der Kommission für tragbar. Österreich als einer der wirtschaftlichen Hauptprofiteure der Osterweiterung kann einen leicht steigenden Beitrag verkraften." Er attestierte Kurz jedoch Verhandlungsbereitschaft und hofft auf einen Abschluss in der Nähe des Vorschlags der Kommission.

Scharfe Kritik der Opposition

Der Bundeskanzler scheint mit dem Veto allein dazustehen. Wenig überraschend kam auch von der Opposition scharfe Kritik. Neos-Europasprecherin Claudia Gamon unterstellte Kurz "reinen Populismus". Der Kärntner SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser gab zu bedenken, dass eine niedrigere Beitragsleistung "negative Auswirkungen auf die Landwirtschaft oder die Kohäsionsmittel für die Mitgliedsländer" hätte. Die FPÖ-EU-Sprecherin Petra Steger kritisierte, dass der Kanzler sich selbst widerspreche, da auch ein Beitrag von einem Prozent in absoluten Zahlen "einem Anstieg um mehrere Millionen Euro" entspreche.

Unterstütztung bekommt die Kommission von den Nettoempfänger-Staaten in Süd- und Osteuropa – sie bekommen schließlich mehr heraus, als sie einzahlen. Man könnte im ersten Moment meinen, manche Staaten steigen besser aus als andere. Die tatsächlichen finanziellen Vorteile, die aus der EU-Mitgliedschaft resultieren, lassen sich jedoch nicht nur anhand des Saldos als gut oder schlecht abstempeln. Dafür müssen einerseits die Effekte des Binnenmarkts und der Zollunion eingerechnet werden, andererseits verspricht die Union eine gewisse Stabilität sowie politische Sicherheit.

Kurz gegen Neustart von Marinemission "Sophia"

Neben der Debatte rund um das Budget sprach sich Kurz gegen einen Neustart der EU-Marinemission "Sophia" im Mittelmeer aus. "Im Grunde war Sophia immer vor allem eine Rettungsmission, die für tausende illegale Migranten zum Ticket nach Europa wurde", wird Kurz in der Zeitung Welt am Sonntag zitiert. Die EU-Marinemission habe dazu geführt, dass mehr Menschen auf dem Mittelmeer gestorben seien, "weil immer mehr Migranten durch die Aussicht auf Rettung angezogen wurden". (Andreas Danzer, 3.2.2020)