Mahmud Abbas in Kairo: Er zeigt, was für die Palästinenser vom einstigen britischen Mandatsgebiet übrig bleiben würde. Allerdings fehlen auf seiner Karte ein paar Gebiete, die der Trump-Plan den Palästinensern zusprechen würde.
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Am Wochenende stellte sich die Arabische Liga hinter die Palästinenserführung von Mahmud Abbas. Deren Außenminister verabschiedeten am Samstag in Kairo ein Kommuniqué, das den vorige Woche präsentierten US-israelischen "Deal des Jahrhunderts" zurückweist: Er entspreche "nicht dem Minimum an Rechten und Aspirationen des palästinensischen Volkes". Die arabischen Regierungen würden nicht mit den USA zusammenarbeiten, um diesen Plan umzusetzen, hieß es weiter.

Ebenfalls am Samstag wurde abends im ägyptischen TV-Kanal MBC Masr ein Interview mit Jared Kushner, der den Plan im Auftrag seines Schwiegervaters US-Präsident Donald Trump erstellt hatte, ausgestrahlt: Die USA hätten "großartiges Feedback von arabischen Leadern" bekommen.

Auch wenn man nicht recht glauben mag, dass arabische Politiker davon begeistert sind, dass Israel gemäß dem Kushner/Trump-Plan alle Siedlungen im Westjordanland plus das Jordantal annektieren können wird: Eine gewisse Ambiguität in den Reaktionen einiger arabischer Staaten war in den vergangenen Tagen nicht zu übersehen. Mit dem Treffen in Kairo zwang Abbas die Araber quasi zum Offenbarungseid: In einem arabischen Forum vor arabischen Kameras auf Arabisch zu sagen, dass sie ihre eigenen, 2002 bei einem Gipfel in Beirut festgelegten Prinzipien für einen israelisch-palästinensischen Frieden wegwerfen, war den Arabische-Liga-Vertretern dann doch nicht möglich.

Thema im Sicherheitsrat?

Abbas, der die Sache auch in den UN-Sicherheitsrat bringen will, soll es den Wackelkandidaten insofern erleichtert haben, als er von ihnen keine Verurteilung der USA forderte – das trauen sich die US-Verbündeten beim unberechenbaren Trump offenbar nicht –, sondern nur, ihre Solidarität mit den Palästinensern zu bekräftigen.

Irritation hatte ausgelöst, dass die Botschafter der Vereinigten Arabischen Emirate, Omans und Bahrains die Pressekonferenz Trumps mit Israels Premier Benjamin Netanjahu besucht hatten, bei der der Deal verkündet wurde. Inzwischen haben sie sich laut Haaretz auf eine Position zurückgezogen, wonach sie falsch informiert gewesen seien und nicht gewusst hatten, wie der angebliche "Palästinenserstaat mit Hauptstadt in Ostjerusalem" aussehen soll, den der Plan entwirft.

Wirklich glaubhaft ist das nicht. Auch Saudi-Arabien und Ägypten hatten in ihren Statements Trumps Friedensbemühungen gewürdigt. Nicht zufällig betonte Abbas in seiner Rede in Kairo, dass der saudische König Salman fest zu den Palästinensern stehe: Kronprinz Mohammed bin Salman hatte angeblich schon 2017 zu Abbas gesagt, er solle die Idee eines Palästinenserstaats auf Basis der Grenzen von 1967 vergessen.

Interessant ist, dass auch in einem ägyptischen Statement die Hauptstadtfrage nicht mehr vorkommt. Trump hat soeben eine Aufrüstung der ägyptischen Luftabwehr bewilligt, obwohl im Kongress nach dem Tod des US-ägyptischen Doppelstaatsbürgers Mustafa Kassem in einem ägyptischen Gefängnis die Stimmung Kairo betreffend nicht gerade gut ist. Und Israel hat Mitte Jänner Gasexporte nach Ägypten aufgenommen – auf die Pipeline wurde Montagmorgen ein Anschlag verübt.

Sicherheitszusammenarbeit infrage gestellt

Abbas kündigte in seiner Rede zudem an, alle Beziehungen zu den USA und zu Israel abzubrechen, auch die trotz aller Drohungen nie eingestellte Sicherheitszusammenarbeit mit Israel. Wie das konkret aussehen wird, ist völlig offen, dazu finden in den nächsten Tagen Treffen statt. Israel und die Palästinensergebiete sind vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht eng verflochten. Abseits von der jetzigen politischen Eskalation gibt es soeben einen kleinen Handelskrieg: Dass die Palästinenserbehörde weniger Kälber in Israel kauft – was Israel als Verletzung der Oslo-Handelsverträge ansieht –, wird mit einer Einfuhrsperre von palästinensischen Agrarprodukten nach Israel beantwortet.

Aber auch für Netanjahu läuft nach seiner großen Stunde mit Trump in Washington nicht alles rund: Ging er – vom US-Botschafter in Israel, David Friedman, dazu ermutigt – davon aus, die Ausweitung der israelischen Souveränität auf Teile des Westjordanlands bereits diese Woche einzuleiten, stiegen die USA jetzt auf die Bremse.

Die Ambiguität, ob der "Deal" ein zur Umsetzung gedachter Plan oder doch nur eine Verhandlungsgrundlage sein soll, kommt hier voll zu tragen. Laut Haaretz hofft die israelische Regierung, dass die arabische Weigerung, dem Projekt eine Chance zu geben, Trump dazu bringt, doch grünes Licht für rasche Annexionen zu geben. (Gudrun Harrer, 2.2.2020)