Um in den Zellkern (grau) zu gelangen, müssen die Polymersomen (links in rot) die Kernmembran (dunkelblau) durch die Kernporenporenkomplexe (Lücken in der Kernmembran) passieren.

Foto: Christina Zelmer, Universität Basel; Evi Bieler, Swiss Nanoscience Institute

Um manche Krankheiten zu bekämpfen, versuchen Wissenschafter auch pathologische Vorgänge zu beeinflussen, die sich im Zellkern abspielen. So nehmen beispielsweise Chemotherapien biochemische Reaktionen ins Visier, die an der Vermehrung von Krebszellen beteiligt sind. Gentherapien wiederum zielen darauf ab, ein erwünschtes Gen in den Kern einzubauen. In der Nanomedizin ist es daher eine große Herausforderung, ein verlässliches Verfahren zu entwickeln, mit dem sich Wirkstoffe spezifisch in den Zellkern einschleusen lassen. Einem interdisziplinären Team der Universität Basel ist es nun gelungen, künstlichen Nanocontainern, sogenannten Polymersomen, einen direkten Weg in den Kern von lebenden Zellen zu bahnen.

Um die Container durch die Kernporenkomplexe zu führen, griffen die Forscher auf einen Trick zurück: "Die etwa 60 Nanometer großen Polymersome sind von einer flexiblen Polymermembran umgeben, die in ihrem Aufbau natürlichen Membranen ähnelt", erklärt die Chemikerin Cornelia Palivan. "Sie sind jedoch robuster als Bläschen aus Lipiden und lassen sich je nach Wunsch funktionalisieren."

Mitgelieferte Eintrittskarte

Zudem konstruierten die Wissenschafter die Polymersome mit daran gebundenen Kernlokalisationssignalen – quasi mit einer Eintrittskarte in den Kern. Zellen nutzen diese Signale, um zwischen Molekülen zu unterscheiden, die in den Kern transportiert werden sollen und denen, die im Kern unerwünscht sind. Durch die Signale werden die künstlichen Nanocontainer als zulässige Fracht getarnt.

"Die Kernlokalisationssignale ermöglichen es den Polymersomen, die zelluläre Transportmaschinerie zu kapern, welche die Ladung durch die Poren in den Kern liefert", erklärt Roderick Lim. Auch diese Eigenschaft orientiert sich an der Natur: "Diese Strategie wird auch von einige Viren verwendet", so der Biophysiker.

Farbstoffe belegen Erfolg

Den Weg der Polymersome in den Zellkern konnte die Forscher verfolgen, indem sie sie mit zwei verschiedenen Farbstoffen füllten und mithilfe mikroskopischer Techniken untersuchten. Rutheniumrot diente dabei nicht nur als Farbstoff, sondern auch als Fracht der Nanocontainer. Der erfolgreiche Transport der Polymersome in den Zellkern konnten in vitro wie auch in vivo mit lebenden Zellkulturen bestätigt werden. Geplant ist, diese Farbstoffe in kommenden Untersuchungen durch therapeutische Wirkstoffe zu ersetzen.

"Die Untersuchungen zeigen, dass die von uns entwickelten Nanocontainer mit Lokalisationssignalen ermöglichen, eine künstliche Fracht ganz spezifisch in den Zellkern zu transportieren. Vesikel ohne Kernlokalisationssignale waren im Zellkern nicht nachzuweisen", fasst Erstautorin Christina Zelmer die im Fachjournal "Pnas" erschienene Studie zusammen. (red, 3.2.2020)