Der Wiener Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) sieht sich mit Vorwürfen der ÖVP konfrontiert, wonach er "zynisch mit rassistischen und antisemitischen Vorurteilen" spiele.

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Wien – Die Debatte um die Rothschild-Stiftung wird zum Politikum – und der Streit wird mit einer immer heftiger werdenden Wortwahl geführt. Am Wochenende schaltete sich Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) in den Konflikt um die Stiftung und das bis heute existierende neurologische Zentrum am Wiener Rosenhügel ein.

Sobotka ließ wissen, dass er den Nationalfonds und das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) ersuchen werde, "die Geschichte der Nathaniel-Rotschild-Stiftung speziell für den Zeitraum 1938 bis 1945, auch im Hinblick auf die Jahre nach 1945 und bis heute noch einmal genauestens zu untersuchen".

Hintergrund ist die Klage eines Nachfahren der Familie Rothschild gegen die Stadt Wien. Der New Yorker Unternehmer Geoffrey R. Hoguet will vor Gericht die Absetzung des Magistrats der Stadt Wien als Stiftungsverwalter der Rothschild-Stiftung durchsetzen. Hoguet verlangt die Wiedereinsetzung eines unabhängigen Kuratoriums als Verwaltungsorgan – wie vor der Machtübernahme durch die Nazis.

Die Stiftung, 1907 gegründet, hatte die einstige Nervenheilanstalt am Rosenhügel errichtet. Die Nazis lösten die Stiftung auf. 1956 wurde diese wiederhergestellt: Allerdings wurde als Verwaltungsorgan nicht mehr wie vor 1938 ein unabhängiges Kuratorium eingesetzt, sondern der Magistrat der Stadt Wien.

Hacker bezeichnet Sobotkas Wortmeldung als "ungeheuerlich"

Sobotka forderte laut Profil, die Stiftung wieder in ihrem ursprünglichen Sinn zu errichten. Das gebiete "der Respekt vor den Vertriebenen und Opfern des Nationalsozialismus". Der zuständige Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) attackierte Sobotka daraufhin frontal. Sobotkas Wortmeldung sei "ungeheuerlich. Wir brauchen keine Nachhilfe in Geschichte. Die Stadt Wien hat immer gezeigt, wie verantwortungsvoll sie mit der NS-Geschichte umgeht." Hacker vermutete, dass das Land Niederösterreich und die dort regierende ÖVP eigene Interessen in Zusammenhang mit der Rothschild-Stiftung hätten. "Da schaut die Gier aus den Augen raus", sagte Hacker.

Sobotka kündigte daraufhin die Untersuchung der Geschichte der Rothschild-Stiftung durch Nationalfonds und DÖW an und sagte: "Ich werde mich nicht darauf einlassen, grundsätzliche Fragen der Enteignung, Arisierung und Restitution zu einem parteipolitischen Konflikt verkommen zu lassen."

Gerichtsverfahren für 20. Februar angesetzt

Genau das ist aber längst der Fall: Sobotkas Parteifreund, der Nationalratsabgeordnete Martin Engelberg, warf Hacker vor, antisemitische Codes zu bedienen. Er bezog sich auf Hackers Gier-Aussage. Damit würden "in Wahrheit Assoziationen mit dem Namen der Familie Rothschild" geweckt. Hacker spiele "zynisch mit rassistischen und antisemitischen Vorurteilen". Laut Engelberg habe sich das sozialdemokratische Wien nach dem Ende der NS-Zeit "bei Restitutionsangelegenheiten nicht mit Ruhm und Anstand bekleckert". Es habe auch "sehr fragwürdige Immobiliengeschäfte mit der damals sozialdemokratisch geführten Kultusgemeinde zum Schaden des kläglichen Restes der jüdischen Gemeinde nach der Shoah" gegeben.

Das Verfahren zwischen der Stadt Wien und dem Rothschild-Nachfahren Hoguet ist für 20. Februar am Bezirksgericht Hietzing angesetzt. (David Krutzler, 2.2.2020)