Bild nicht mehr verfügbar.

Laut Polizei handelt es sich bei dem Täter um einen erst kürzlich aus dem Gefängnis entlassenen 20-Jährigen.

Foto: AP/Alberto Pezzali

London – Erneute Terrorattacke in London: Während der Beschattung durch Anti-Terror-Ermittler hat ein vor kurzem freigelassener Sträfling auf offener Straße zwei Menschen mit einer Stichwaffe verletzt. Ein drittes Opfer erlitt bei dem Vorfall am Sonntag Verletzungen durch Glassplitter, der Täter wurde nach Polizeiangaben innerhalb weniger Minuten nach Beginn der Attacke erschossen.

Er war von der Polizei im Rahmen einer "vorbeugenden Anti-Terror-Operation" observiert worden, als er in einer belebten Einkaufsstraße im Süden Londons plötzlich Passanten angriff.

Der Polizei zufolge handelt es sich bei dem Täter offenkundig um einen erst kürzlich aus dem Gefängnis entlassenen 20-Jährigen. Er war 2018 zu drei Jahren Haft verurteilt worden, weil er Material für einen islamistisch motivierten Terroranschlag gesammelt und Propaganda verbreitet hatte. Laut der Tageszeitung "Independent" soll er einmal sogar seine Freundin aufgefordert haben, ihre Eltern zu enthaupten, weil diese Ungläubige seien. Trotzdem kam er Ende Jänner vorzeitig auf freien Fuß.

Krisensitzungen und Kritik

Die Regierung will nun in einer Reaktion auf die Tat am Montagvormittag neue Maßnahmen vorstellen, um härter gegen verurteilte Islamisten vorgehen zu können. Ein neues Gesetzesvorhaben soll es laut Innenministerin Priti Patel möglich machen, als gefährlich eingestufte Verurteile länger in Haft zu behalten. Rufe nach einer entsprechenden Gesetzesänderung waren schon mehrfach laut geworden.

Premier Boris Johnson hatte in der Nacht eine Krisensitzung mit Patel und Vertretern der Polizei einberufen. Der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan warf der Regierung indes "Mangel an Fortschritt" vor. Die Attacke sei vorhersehbar gewesen, sagte der Politiker der oppositionellen Labour Party am Montag dem Sender ITV.

Zustand stabil

Eines der angegriffenen Opfer schwebte zunächst in Lebensgefahr, später stabilisierte sich der Zustand des Mannes. Auch eine Frau wurde mit Stichverletzungen ins Krankenhaus gebracht, sie sollen aber nicht lebensbedrohlich sein. Eine weitere Frau erlitt leichte Verletzungen durch Glas, das durch die Schüsse der Polizei zu Bruch gegangen war.

Die Polizei bestätigte Augenzeugenberichte, wonach der Täter einen Sprengstoffgürtel trug. Es habe sich dabei aber um eine Attrappe gehandelt.

"Ich habe gerade die Straße überquert, als ich einen Mann mit einer Machete und silbernen Behältern an der Brust gesehen habe", schilderte ein Jugendlicher der Nachrichtenagentur PA. Der Mann sei von einer Person in ziviler Kleidung verfolgt und mit mehreren Schüssen getötet worden, sagte der Jugendliche. Er selbst habe sich in eine Bücherei geflüchtet.

Premierminister Boris Johnson dankte der Polizei und den Rettungskräften am Sonntag via Twitter. "Meine Gedanken sind bei den Verletzten und allen Betroffenen", teilte er mit. Er kündigte an, bereits am Montag Pläne für "fundamentale Änderungen" beim Umgang mit verurteilten Terroristen vorzustellen.

Londons Bürgermeister erklärte auf Twitter: "Terroristen versuchen uns zu spalten und unseren Lebensstil zu zerstören – hier in London werden wir sie damit niemals Erfolg haben lassen."

Erinnert an weitere Attacken

Der Fall weckt Erinnerungen an eine Messerattacke nahe der London Bridge Ende November. Damals hatte ein auf Bewährung freigelassener Terrorist mitten im Stadtzentrum zwei Menschen getötet und drei weitere verletzt, bevor er von der Polizei erschossen wurde. Der Fall löste eine Debatte über vorzeitige Haftentlassung bei terroristischen Straftätern aus.

Im Juni 2017 waren in der britischen Hauptstadt acht Menschen getötet worden, als Terroristen mit einem Transporter erst drei Opfer auf der London Bridge absichtlich überfuhren und anschließend fünf weitere am Borough Market erstachen. Polizisten erschossen die drei Täter. Im März desselben Jahres fuhr ein Angreifer mit einem Auto auf der Westminster Bridge in mehrere Fußgänger. Dabei kamen vier Passanten ums Leben. Der Mann erstach zudem einen Polizisten, ehe er von der Polizei erschossen wurde. In allen Fällen hatten die Täter einen islamistischen Hintergrund.

IS reklamiert Anschlag für sich

Die radikal-islamische IS-Miliz hat den Messerangriff am Sonntag in London für sich reklamiert. Der Angreifer sei ein "Kämpfer des Islamischen Staates" gewesen und habe Vergeltung für das Vorgehen der internationalen Anti-IS-Koalition geübt, erklärten die Extremisten am Montag über ihre Agentur Amaq. Belege dafür nannten sie nicht.

(APA, red, 3.2.2020)