Sorgte für einen Paukenschlag: Karoline Edtstadler.

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Alle drei Geschassten sind nicht irgendwelche Polit-Vasallen, sondern erfahrene Manager. Alle drei hatten beizeiten Ihre Bereitschaft erklärt, weiterhin ehrenamtlich für ihre Jobs als Kuratoriumsvorsitzende zur Verfügung zu stehen. Christian Konrad für die Albertina, Peter Kostelka für das Technisches Museum, Hannes Sereinig für das Museum angewandter Kunst. Mit 1. Februar sind alle drei nicht mehr dabei. Sie wurden einfach herausgekickt. Diese knallharte Entscheidung macht sprachlos, wirkt unprofessionell und trägt die Duftnote eines politischen Kalküls in allerletzter Minute. Anständigkeit ist etwas anderes. Transparenz ebenso.

"Kultur verbindet", hatte Karoline Edtstadler 2018 stolz bekanntgegeben, nachdem sie in ihrer damaligen Funktion als Staatssekretärin im Innenministerium unter dem damaligen FPÖ-Innenminister Kickl die Staatssekretärin des slowakischen Innenministeriums zu den Salzburger Festspielen eingeladen hatte. In welchem Maße unsere neue EU-Ministerin kultiviert ist, hat sie mit der Rauswurf-Aktion unter Beweis gestellt. Übrigens: Gute Bekannte dieser Ministerin – sie ist weithin bekannt für ihre Härte in Sachen Migrationspolitik – tuscheln, der Auftrag sei von "oben" gekommen. Soll das heißen, dass jemand auf ganz kurzem Weg die Posten für gefällige Netzwerker reservieren wollte? Oder gar der liebe Gott von ganz oben? Kaum zu glauben.

Allerdings: Peter Kostelka und Hannes Sereinig sind der SPÖ zuzuordnen. Sereinig war unter anderem Kabinettschef bei Bruno Kreisky und Vize-Vorstandsvorsitzender des Verbundes. Kostelka unter anderem Staatssekretär. Christian Konrad, der einst mächtige Generalanwalt des Raiffeisenverbandes, galt lange Zeit als graue Eminenz in der ÖVP. Von der damaligen SPÖ/ÖVP-Regierung wurde er im August 2015 bis Ende September 2016 als Flüchtlingskoordinator bestellt. Seine stete christlich-soziale Kritik an der zunehmend menschenrechtsfeindlichen Flüchtlingspolitik der Koalitionsregierung unter Sebastian Kurz (ÖVP) und H.-C. Strache (FPÖ) könnte unseren wiedergewählten Bundeskanzler verärgert haben. Immerhin: Straches Nachfolger als Vizekanzler ist ja nun der Grüne Werner Kogler, und der steht eigentlich für eine menschenrechtsorientierte Migrationspolitik. Wird also demokratiepolitisch alles wieder gut?

Paukenschlag im Kulturressort

Drei Wochen lang verwaltete Ministerin Edtstadler total unbemerkt interimistisch das Kulturressort und rührte dort keinen Finger. Dann aber kam zum Schluss der Paukenschlag. Weniger als 24 Stunden vor der Angelobung der grünen Politikerin Ulrike Lunacek als Kulturstaatssekretärin krönte Karoline Edtstadler ihren letzten interimistischen Kulturtag mit E-Mails an die drei Herren, dass sich diese sinngemäß und auf gut österreichisch "schleichen" können. Krasse E-Mail-Kündigungen einer anderen Partei haben offenbar nun auch bei der heutigen ÖVP-Elite Schule gemacht. Dass hierbei auch als mögliche Nachfolgepersonen falsche Namen genannt wurden, lassen wir hier jetzt lieber beiseite.

Warum trifft die Salzburgerin mit dem eisklaren Blick, bekannt als verlässliche Kanzler-Vertraute, im letzten Moment einer vorübergehenden Ressortverwaltung derart drastischen Entscheidungen? Zunehmend ist von Postenschacherei die Rede. Besonders erstaunlich ist zudem der Hinweis, dass dieser Schritt mit der erst am Tag darauf angelobten Kulturstaatssekretärin Lunacek abgesprochen gewesen sei. Bisher mauerten beide Politikerinnen, versteckten sich hinter ihren Sprecherinnen und verweigerten nachvollziehbare Klarstellungen. Message-Control war und ist total angesagt, zumal während der ersten gemeinsamen Klausur unserer bisher jungfräulich unbefleckten neuen Regierung. Message-Control – schon wieder.

Lavendel und Wattebäuschchen

Die gestellten Bilder und Szenen dieser Klausur erinnern verblüffend an die entsprechenden Selbstdarstellungen der dann doch gescheiterten ÖVP/FPÖ-Koalitionsregierung. Statt konkrete Antworten auf konkrete Fragen zu vielleicht unangenehmen "Nebenbei-Entschlüssen" zu geben, bevorzugen es auch die neuen Regierungsparteien bei ihrer ersten Klausur, friedvolle Einigkeit zu demonstrieren. Das Polittreffen fand – ein Handkuss für die Grünen? – in einem Wellnesshotel in der Wachau statt. Dort hätten dann auch die aus Wien in Bussen angereisten Regierenden zur Entspannung sogar einander neckisch Lavendel-Wattebäuschchen zuwerfen können. Dies nach einer Idee der Klubobleute Sigi & Gust. Aber nur vor Kameras. So lieb. Lavendel beruhigt übrigens und schläfert ein. Im Volksmund wird "Lavendel erzählen" gleichgestellt mit Unwahrheiten.

Eingeschlafen scheint bisher auch die geplante Gesetzgebung in Sachen Transparenzpolitik und Informationsfreiheit. Zu hinterfragen ist, wann diese angeblichen Vorhaben tatsächlich realisiert werden. Warten wir also ab, wohin das demokratiepolitische Pendel dieser neuen Regierungskoalition ausschlägt. Warten wir zudem ab, in welchem Maße globale Menschenrechte künftig geachtet beziehungsweise missachtet werden. Und warten wir schließlich auch ab, ob Anständigkeit künftig überhaupt noch ein Kriterium sein darf. Eine generationsbedingte Ablöse der genannten, ehrenamtlich agierenden Vorstände der Museumskuratorien hätte auch im Laufe dieses Jahres vorbereitet werden können – in aller Ruhe, politisch und menschlich souverän, mit Anstand und ohne allfällige Blessuren.

So jedoch entstand ein kulturloser Scherbenhaufen auf Kosten des Ansehens aller Beteiligten. Werden wir je erfahren, was da wirklich in der neuen Regierung gelaufen ist? Jüngsten Informationen zufolge war vor allem der ÖVP-Grande Christian Konrad wegen seiner christlich-humanen Flüchtlingspolitik dem ÖVP-Bundeskanzler ein Dorn im Auge.

Vor der Regierungsbildung lagen die Kulturagenden noch bei Außenminister Alexander Schallenberg. Dieser, so sagen manche, habe aber der neuen Regierung nicht vorgreifen wollen. Deshalb musste sich offenbar Edtstadler noch schnell die Hände schmutzig machen. Wer die Idee hatte, die Medienfrau Eva Dichand für einen der prestigeträchtigen Kuratoriumsposten zu umwerben, wird wohl auch ein türkis-grünes Regierungsgeheimnis bleiben. Warten wir ab, wie es so weitergeht mit Toleranz und Transparenz. Ob nun mit oder ohne Aroma-Öl und Wattebäuschchen, sei dahingestellt. (Rubina Möhring, 3.2.2020)