Reste der Sprengfalle von Oberwart.

Foto: Robert Newald

"Erwin besuchte die Volks- und Hauptschule. Er war ein äußerst freundlicher und netter junger Mann, der stets zum Scherzen aufgelegt war. Auch er verbrachte die meiste Zeit mit Freunden in der Siedlung. Nach seinem Schulabschluss war er auf Arbeitssuche. Erwin war erst 18 Jahre alt, als er ermordet wurde."

So erinnert die Oberwarter Romni Manuela Horvath an ihren Cousin Erwin, der vor 25 Jahren bei dem bisher schlimmsten politischen Attentat in der Geschichte der Zweiten Republik ums Leben kam. Neben Erwin Horvath starben in dieser Nacht vom 4. auf den 5. Februar 1995 auch Karl Horvath, ebenfalls ein Cousin von Manuela, sowie Peter Sarközi und Josef Simon. Sie hatten auf einem Feldweg ganz in der Nähe der Oberwarter Romasiedling ein Schild entdeckt, auf dem "Roma zurück nach Indien" stand. Sie konnten nicht wissen, dass diese Provokation in Wahrheit eine Sprengfalle mit Bewegungszünder war.

Zum 25. Jahrestag des Bombenattentats findet heute, Dienstag, um 18.00 Uhr in der Europäischen Mittelschule (EMS) Oberwart eine Gedenkfeier statt, zu der Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und die Leiterin der Roma-Pastoral der Diözese Eisenstadt, Manuela Horvath, eingeladen haben.

Gedenkmarsch

Schüler der EMS werden Biografien der Opfer vorstellen. Gerhard Baumgartner, der Wissenschaftliche Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW), hält eine Keynote. Anschließend findet ein Marsch zur Gedenkstätte für die Opfer statt. Nach Ansprachen von Bürgermeister Georg Rosner (ÖVP), Landtagspräsidentin Verena Dunst (SPÖ) und dem Vorsitzenden des Volksgruppenbeirats der Roma, Emmerich Gärtner-Horvath, folgen ein ökumenisches Gebet und eine Kranzniederlegung.

Nicht vergessen, das heißt auch daran erinnern, dass das Attentat damals in skandalöser Art und Weise politisch missbraucht wurde und dass die Medien rücksichtslos über die kleine Roma-Siedlung hereinbrachen. "Ich habe mich in meinem Leben noch nie so sehr für meinen Beruf geschämt wie damals", erinnerte sich "Kurier"-Redakteur Peter Sitar am vergangenen Donnerstag im Rahmen einer Podiumsdiskussion in Oberwart, bei der Angehörige der Volksgruppe der Roma, Journalisten und politische Vertreter die Ereignisse von damals aufarbeiteten. Reporter und Kamerateams seien "in die Häuser hineingelaufen, es war ein Riesen-Ausnahmezustand, es war alles unwirklich, und es war vor allem niemand da, der versucht hat, das in irgendeiner Form zu kanalisieren", wird Sitar vom ORF Burgenland zitiert.

Obwohl sehr rasch klar war, dass die Bombe ein Terroranschlag war, dauerte es einige Tage, bis die Polizei die Theorie aufgab, dass es sich um eine interne Roma-Fehde gehandelt haben könnte. Noch Monate nach dem Begräbnis, an dem die Spitze der Republik vom Bundespräsidenten abwärts teilnahm, versuchte Jörg Haider (FPÖ), die Tat den Opfern selbst in die Schuhe zu schieben.

Durch Bombe überführt

Der fremdenfeindliche und rassistische Attentäter Franz Fuchs aus dem steirischen Gralla, der Österreich insgesamt vier Jahre lang mit Bombenattentaten terrorisierte, wurde 1997 verhaftet. Und es waren ausgerechnet die Reste der Sprengfalle von Oberwart, die ihn letztendlich überführten: Ein Gerichtsgutachten, das später auch im "Journal of Forensic Sciences" veröffentlicht wurde, ergab, dass Fuchs die Sprengfalle zu Hause in Gralla angefertigt haben muss. Aus dem Gips im Sockel extrahierten Geotechniker und Isotopenanalytiker Wasserbestandteile, die genau den ungewöhnlich hohen Tritiumgehalt aufwiesen, der auch in Fuchs’ Privaträumlichkeiten zu finden war. Das Tritium stammte höchstwahrscheinlich aus Leuchtziffern von Weckern, die Fuchs für Zeitzünder gehortet haben dürfte.

Franz Fuchs, der sich bei einem Suizidversuch unmittelbar bei seiner Verhaftung beide Unterarme wegsprengte, wurde 1999 zu lebenslanger Haft und Einweisung in eine psychiatrische Anstalt verurteilt. Im Februar 2000 erhängte er sich in seiner Zelle in der Justizanstalt Graz-Karlau. (Michael Simoner, 4.2.2020)