Grundsätzlich kann ein Arbeitnehmer unabhängig von seinem Alter nach dem Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) eine Kündigung bei Gericht anfechten, wenn diese sozialwidrig ist. Voraussetzung ist, dass er bereits sechs Monate in einem Betrieb mit mehr als fünf Arbeitnehmern beschäftigt war und wesentliche Interessen durch die Kündigung beeinträchtigt sind. Der Arbeitgeber kann die Kündigung durch betriebliche oder persönliche, in der Person des Arbeitnehmers gelegene Gründe rechtfertigen. Nach ständiger Rechtsprechung des OGH ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, wobei insbesondere die künftigen Chancen, einen Arbeitsplatz zu erlangen, geprüft werden.

Bereits bisher hat die Spruchpraxis der Arbeitsgerichte Kündigungen älterer Arbeitnehmer meist als sozialwidrig angesehen.
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Nach § 105 Abs 3b ArbVG sind bei der Beurteilung der Sozialwidrigkeit einer Kündigung älterer Arbeitnehmer die Betriebszugehörigkeit und das höhere Lebensalter bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt "besonders zu berücksichtigen". Dies gilt jedoch nicht für Arbeitnehmer, die bei ihrer Einstellung das 50. Lebensjahr vollendet haben. Bisher wurde von Judikatur und Literatur überwiegend vertreten, dass das Alter eines solchen Arbeitnehmers bei Beurteilung der Sozialwidrigkeit auszublenden sei; es wäre nach demselben Maßstab wie bei Jüngeren zu messen. Dies scheint sich nun zu ändern.

Nicht besonders, aber doch

In einem aktuellen Urteil erkennt der OGH, dass das Alter eines Arbeitnehmers, der bei der Einstellung bereits 50 war, bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit zwar nicht besonders, aber doch zu berücksichtigen sei (30. 10. 2019, 9 ObA 86/19s). Demnach sind die Chancen des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt anhand seines tatsächlichen Alters zu beurteilen. Eine abstrakte, alterslose Beurteilung widerspräche nicht nur dem Prinzip, dass die individuelle Interessenbeeinträchtigung des Gekündigten festzustellen ist, sondern ließe auch offen, welches Alter als Vergleichsalter anzunehmen wäre.

Ein besonderer Kündigungsschutz, wie bei Betriebsratsmitgliedern, die nur mit Zustimmung durch ein Gericht gekündigt werden können, besteht weiterhin nicht. Ältere Arbeitnehmer können zwar ohne vorherige Zustimmung des Gerichts gekündigt werden, das höhere Alter ist jedoch besonders zu berücksichtigen.

Gestiegenes Risiko für Arbeitgeber

Die Kündigung älterer Arbeitnehmer kann sich zu einer heiklen Angelegenheit gestalten und mit erheblichen Mehrkosten für Arbeitgeber verbunden sein. Deshalb ist eine vorausschauende Planung das Um und Auf. Bereits bisher hat die Spruchpraxis der Arbeitsgerichte Kündigungen älterer Arbeitnehmer meist als sozialwidrig angesehen. Durch die jüngste OGH-Entscheidung steigt das Risiko einer erfolgreichen Kündigungsanfechtung auch bei Mitarbeitern, die bei der Einstellung bereits 50 waren, deutlich. Das könnte auch die Chancen für Jobsuchende über 50 beeinträchtigen. (Silva Palzer, Karin Köller, 3.2.2020)