Justizministerin Zadić erteilte eine Weisung an die Strafrechtssektion: Treffen mit Beschuldigten sind zu unterlassen.

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Wien – Es waren prominente Gäste, die der Spitzenbeamte Christian Pilnacek empfing: Raiffeisen-Generalanwalt Walter Rothensteiner und Ex-Vizekanzler Josef Pröll statteten dem Chef der Strafrechtssektion im Justizministerium einen Besuch ab. Ein heikler Termin, denn beide sind als Aufsichtsräte der Casinos Austria Beschuldigte im laufenden Verfahren zur Postenschacheraffäre rund um das teilstaatliche Unternehmen. Bei beiden haben die Ermittler Hausdurchsuchungen durchgeführt. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Der Hausherrin passt das Treffen, um das Rothensteiner gebeten haben soll, gar nicht. Laut krone.at hat Justizministerin Alma Zadić (Grüne) eine allgemeine Weisung an Pilnaceks Sektion erteilt, dass Treffen mit Beschuldigten künftig zu unterlassen sind. "Jeder Anschein einer bevorzugten Behandlung muss vermieden werden", wird Zadić zitiert.

Pilnacek, der die Fachaufsicht über das Postenschacher-Verfahren innehat, findet an dem Besuch laut Bericht hingegen nichts Anrüchiges. Er habe den Termin "aus Höflichkeit" nicht verweigert: "Es wäre doch völlig absurd, jemanden offiziell im Ministerium zu empfangen, wenn man Beeinflussungen eines Verfahrens vornehmen wollte." Es seien aber keine Bitten an ihn herangetragen worden, ergänzte Pilnacek später in einem APA-Interview. Rothensteiner und Pröll hätten lediglich loswerden wollen, wie sie sich als Beschuldigte fühlen, und er selbst habe versucht, die Emotion herauszunehmen.

Opposition will Pilnaceks Entmachtung

Die Neos verlangen als Reaktion, Pilnacek nicht nur vom Casinos-Verfahren abzuberufen, sondern ihm generell die Fachaufsicht zu entziehen. Es sei "brandgefährlich" für Rechtsstaat und Demokratie, wenn der Eindruck entstehe, Polit-Promis bekämen einen besonderen Service durch allerhöchste Justizbeamte, sagt die Abgeordnete Stephanie Krisper: "Ein Klaps auf die Finger reicht bei einem derartigen Skandal sicher nicht aus."

Auch die SPÖ fordert, Pilnacek die Kompetenzen für aktuelle Strafverfahren zu entziehen. "Durch dieses Treffen im Justizministerium, das wie ein ÖVP-Spezialservice für Beschuldigte anmutet, wird die Unabhängigkeit der Justiz infrage gestellt", argumentiert der Mandatar Jan Krainer und kündigte an, den Sektionschef in den geplanten Untersuchungsausschuss zu laden.

Zadić hält an Pilnacek fest

Die FPÖ will überhaupt Pilnaceks Abgang als Sektionschef. Der Beamte habe bereits mehrfach "in bedenklicher Weise Einfluss auf Ermittlungen genommen", so der Abgeordnete Christian Hafenecker: "In jedem dieser Fälle liegt der Verdacht nahe, dass die Schonung ÖVP-naher Personen ein Motiv gewesen sein könnte."

Darauf will Zadić nicht einsteigen. Pilnacek solle weiterhin Sektionschef bleiben, zumal er "großartige Arbeit" in seinem Fachgebiet mache, sagte die Justizministerin im Ö1-"Mittagsjournal": Sie könne ausschließen, dass Rothensteiners und Prölls Besuch zu einer Beeinflussung geführt habe, und verwies auf einen Aktenvermerk, den es von dem Treffen gebe. (red, APA, 4.2.2020)