Manager lieben üblicherweise Herausforderungen. Doch derzeit stehen die ganz großen und richtungweisenden Entscheidungen auf dem Plan – die mit viel Ressourcen, Kosten und hohen Investitionen verbunden sind. In einer wirtschaftlich angespannten Situation, die einer Fahrt im dichten Nebel ähnelt und in der man sich keine Fehler erlauben darf, ist das oft doppelt schwierig und endet oftmals im zögerlichen Zuwarten, um ja Fehler zu vermeiden.

Doch das Warten auf bessere Sicht ist keine Option – also wie sehen Lösungsansätze aus? Ein Lösungsansatz könnte sein, noch breiter die Mitarbeiter und deren Know-how miteinzubeziehen, um zu den richtigen Entscheidungen zu finden. Doch auch für die Mitarbeiter ist es eine Reise mit vielen Unbekannten in einer Zukunft, die speziell technisch nur schwer vorstellbar ist. Da war die Digitalisierung 1.0 noch eine kleine Übung und wurde dennoch von den Firmen meist nicht gut gelöst. Big Data und künstliche Intelligenz scheinen auf dem Weg zur smarten digitalen Transformation schier unüberwindbare Hindernisse zu sein.

Obwohl das Management qualitativ gut besetzt ist, sehen sich die Manager einer Fülle von Themen gegenüber, die an Dringlichkeit kaum zu überbieten sind. Da tauchen plötzlich Fragen auf, die es in der Firmengeschichte davor nie gegeben hat – Fragen, die, wenn man sie ignoriert, womöglich existenzbedrohend für das Unternehmen sein können. Doch die Lösungen liegen meist nicht offensichtlich auf der Hand, denn sie haben durchaus Auswirkung auf die unklare, mehrdeutige Zukunft.

Wohlüberlegte Entscheidungen gefordert

Dort, wo man vor 20 Jahren im boomenden Online-Business mit Schnelligkeit punkten konnte, ist jetzt die wohlüberlegte Entscheidungen gefordert. Eine Entscheidung, die nach Abschätzen möglichst vieler Optionen und Varianten zumindest als die beste erscheint. Es gibt keine Garantien, dass es tatsächlich die beste ist, denn die Märkte sind in Bewegung, und das Spiel ändert sich permanent. Das Spiel des Managements hieß früher einmal "Schach" und war von Strategie über mehrere Züge hinweg geprägt. Heute ist es eher "Poker" und fühlt sich leider von Zeit zu Zeit wie "Roulette" an, in dem der Zufall und das Glück entscheiden. Man kann froh sein, wenn es sich zumindest teilweise so anfühlt, als wären die Chancen rein rechnerisch noch intakt.

Florens Eblinger ist Inhaber der Personalberatung Eblinger & Partner.
Foto: Andy Urban

Die richtigen Entscheidungen zum Wohle des Unternehmens zu treffen ist heute schwieriger denn je, Fehler werden kaum verziehen. In dieser Situation können einem die Manager nur leidtun, wenn sie in der neuen Komplexität der Wirtschaft keine Schwäche zeigen wollen. In der Not wird dann mitunter auch getrickst und manipuliert, wie in den letzten Jahren zum Beispiel in der Automobilindustrie.

Diese macht die harte Veränderung für manche Konzerne deutlich – wenn man aufgrund von wachsender E-Mobilität weiß, dass man einen hohen Prozentsatz der Mitarbeiter bald nicht mehr benötigt und die Produkte der Gegenwart nicht jene für die Zukunft sind. In einer Branche, in der man in den letzten Jahrzehnten immer protzig von "Schneller, höher, weiter" gesprochen hat, wird man nachdenklich und muss harte Entscheidungen treffen. Zumindest hat man mit Tesla einen visionären und technischen Vorreiter, der mutig zeigt, in welche Richtung es gehen wird.

Planbarkeit der Mitarbeiter

In anderen Branchen gibt es diese Pioniere nicht, und eine Orientierung in ähnlichen Sparten oder auf anderen Kontinenten zu suchen wäre vielleicht zwar ein erster Ansatz, der sicherlich zu spannenden Erkenntnissen führen würde – ein Umlegen auf die eigene Strategie und auf den heimischen Markt ist aber auch nicht einfach und keinerlei Garantie. Generell liegt die Vermutung nahe, dass bei dieser hohen Geschwindigkeit der Wirtschaft der Blick zum Mitbewerb in vielen Branchen zu passiv wäre und in weiterer Folge die Zeit zum Handeln fehlt.

Zurück zu den Mitarbeitern: Die Planbarkeit mit Mitarbeitern stellt sich ebenso anders dar wie in der Vergangenheit. Denn viele junge High Potentials kommen, um zu lernen und schnell wieder weiterzuziehen. Und jene Mitarbeiter, die über 20 oder 30 Jahre loyal zum Unternehmen stehen, könnten leider ebenfalls nicht zum Gewinn beitragen, denn sie werden von Jahr zu Jahr teurer und bringen womöglich irgendwann nicht mehr das nötige technische Know-how oder das moderne Mindset mit. Keine perfekte Basis, um dem Unternehmen durch den Change-Prozess hin zu den digitalen Business-Modellen zu führen.

Wir scheinen in einem Dilemma zu stehen. Es braucht also mutige Generalisten, die permanent die Optionen und die Märkte prüfen und den Austausch in Branchennetzwerken suchen. Jene, die die Varianten der Entscheidungen womöglich mit Algorithmen berechnen lassen und diese mit ihrem Team vertreten. Sollte sich herausstellen, dass es nicht die richtige Entscheidung war, müssen Manager die Größe zeigen, den Fehler zu korrigieren, um schnellstmöglich einen besseren Weg zu finden. Keine leichte Aufgabe. (derStandard, 6.2.2020)