Von seinem rassistischen Weltbild in die Irre geführt: Thierry Baudet, Chef des rechten "Forum voor Democratie".

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Den Haag – Es ist nur mit sehr gutem Willen als Verwechslung zu erklären, und auch dann wäre es noch äußerst fahrlässig: "Vier Marokkaner" hätten vor ihm gerade im Zug zwei Frauen "ernsthaft belästigt", schrieb der niederländische Rechspopulist Thierry Baudet am Wochenende auf Twitter, er werde den Übergriff aber "natürlich nicht melden", denn das sei "vollkommen sinnlos". Die "lieben kindlichen Niederlande" sollten dennoch endlich aufwachen und sich gegen "die Veränderung und den politisch korrekten Unsinn" wenden.

Damit allerdings war es nicht vorbei: Mehrere Passagiere meldeten sich in sozialen Medien und widersprachen Baudets Darstellung. Einen solchen Übergriff habe es nicht gegeben. Baudet postete daraufhin ein Foto auf Instagram – und musste erneut Widerspruch einstecken: Bei den vier abgebildeten Personen handelte es sich um drei Mitarbeiter der staatlichen Eisenbahngesellschaft NS, die die Frauen kontrolliert hatten. Weil diese sich nicht ausweisen wollten, riefen sie einen vierten Mann hinzu: einen Polizisten. Alle vier waren in Zivil unterwegs, um verdeckt ihrem Beruf nachgehen zu können.

Fehlende Einsicht

Baudet, Chef und Gründer des rechten "Forum voor Democratie" (FvD), das in Umfragen derzeit zwischen Platz drei und vier liegt, schwieg daraufhin mehrere Tage. Erst am Montagabend reagierte er via Facebook: Die Frauen hätten "mündliche und nichtmündliche Einschüchterung" durch die Kontrolleure hinnehmen müssen und sich gewiss "auch auf dem Heimweg und während der weiteren Reise sehr unsicher gefühlt". Er habe zwar zu schnell reagiert, die Angelegenheit aber in einen breiteren Kontext gesetzt: "Die fehlende Sicherheit, die Niederländer jeden Tag erfahren müssen."

Kritik muss er nun aber von den anderen Parteien hinnehmen: Das Missverständnis, so es denn eines war, zeige, dass Baudet "dich als potenziellen Kriminellen sieht, wenn marokkanisches Blut durch deine Venen ließt, auch wenn du ein niederländisches Herz hast", sagte der Abgeordnete der liberalen Partei VVD, Zohair el Yassini. Die Partei Denk warf Baudet "Lügen und hasserfüllte Tweets" vor. Jesse Klaver, Chef der Grün-Linken, schrieb, Baudet habe das getan, was weit rechte immer tun würden: "Sie werfen mit rassistischem Dreck."

Die Bahngesellschaft NS teilte mit, ihre Mitarbeiter hätten sich "vollkommen korrekt verhalten". Ein Sprecher der Polizei teilte laut "Guardian" mit, man prüfe nun, ob gegen Baudet wegen der falschen Behauptungen und der Verbreitung der Bilder ermittelt werden müsse (mesc, 4.2.2020)