Fast jeder hat Bekannte, in deren Wohnung man sich durch Alexa, Siri und Co ein wenig beobachtet und abgehört fühlt. Stets schreiten die neuesten Gadgets im Haus zur Hilfe – wer es nicht kennt, ist vermutlich selbst Besitzerin oder Besitzer der smarten Haushaltshelfer und merkt die Eingriffe in die Privatsphäre schon gar nicht mehr. Tatsächlich lassen sich immer mehr Geräte miteinander vernetzen und durch Sprache oder Gestik steuern. Das Smart Home ist vielerorts bereits Realität. Damit das alles funktioniert, müssen immer wieder Ton- und Videomitschnitte sowie Bilder an die schlauen Algorithmen und die Server mit großer Rechenleistung von Tech-Giganten aus Kalifornien oder Shenzhen und deren Tochterunternehmen geschickt werden. Aber muss das sein? Muss mein Toaster ein Alleswisser sein?

Mookkie, die KI-Gesichtserkennungs- Tierfuttermaschine, öffnet Angaben des Herstellers zufolge erst nach einem Abgleich mit den neuronalen Netzen der Firma den Futtertrog für das Lieblingshaustier.
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In Zeiten regelmäßiger Datenleaks und Hackerattacken haben zahlreiche Menschen ein mulmiges Gefühl, wenn etwa Bilder und Geräusche aus dem Kinder-, Schlaf- oder Wohnzimmer übermittelt werden, nur um die neuronalen Netze von Amazon, Google, Apple und Co zu trainieren und ein bisschen mehr Komfort zu genießen. Die neuesten Entwicklungen im Bereich der sogenannten Edge AI könnten nun aber Abhilfe schaffen. Mittlerweile braucht es nämlich keine Serverfarmen mehr, um zu erkennen, ob nun die Nachbarskatze oder die eigene an den Futtertrog will oder ob eine Scheibe Toast bereits den gewünschten Bräunungsgrad erreicht hat.

Die Fortschritte in KI-Soft- und Hardware erlauben es, komplexe Rechenleistungen auf kleinen, günstigen und energiearmen Mikroprozessoren durchzuführen. Noch dazu sind sie superschnell und ressourcenschonender – auch was CO2-Emissionen durch Rechenleistung angeht. Im Vergleich zu klassischen neuronalen Netzwerken sind die Algorithmen von Unternehmen wie Picovoice weniger rechenintensiv.

Weniger ist mehr

Solche Mikroprozessoren werden wohl schon bald in zahlreichen Dingen des alltäglichen Lebens integriert sein und auf Sprachsteuerung reagieren sowie einige hundert Befehle mittlerer Komplexität erkennen. Die Mikrowelle kann so einfach per Zuruf das Essen auf die gewünschte Temperatur bringen oder der Herd das Frühstücksei pünktlich auf 7.13 Uhr hart kochen. Die (nicht ganz so) smarten Haushaltsgeräte können dann diese Basics, nicht aber das beliebteste Risotto-Rezept googeln und aufsagen, einen Witz erzählen oder die Regenwahrscheinlichkeit beziffern – dafür gibt es halt auch keine Datenschutzbedenken, denn die Infos bleiben im jeweiligen Prozessor des Geräts gespeichert, ganz ohne Cloud und Datentransfer. "Es ist eine Kaffeemaschine. Du wirst keine bedeutungsvollen Gespräche mit deiner Kaffeemaschine haben", sagte Picovoice-Gründer Alireza Kenarsari-Anhari kürzlich zu "Wired".

Dieser leichte Schritt zurück bei der "Klugheit" bestimmter Gegenstände des alltäglichen Lebens darf jedoch nicht als ein generelles Abbremsen der Branche missverstanden werden. Tagtäglich werden Algorithmen um neue Zeilen an Code ergänzt, die die Systeme menschlicher wirken und gleichzeitig komplexere Herausforderungen bewältigen lassen. Ein Teil der Branche weiß aber den Wunsch seiner Kundschaft nach Privatsphäre für sich zu nutzen und hat erkannt, dass eben nicht alles "very smart" sein muss – manchmal reicht schon "ein bisschen schlau". (faso, 5.2.2020)