Robert Winters hat ein Programm entwickelt, das sich merkt, welche Personen er attraktiv findet und welche nicht.

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Der Entwickler Robert Winters verbringt viel Zeit auf Tinder, könnte man meinen – zumindest suggerierte dies sein Profil, führte er doch nach eigenen Angaben zeitweise 200 Gespräche gleichzeitig auf der Plattform. Dabei saß er aber gar nicht selbst stundenlang vor seinem Handy, sondern ließ einen Bot die Arbeit erledigen.

Der Belgier hat ein Programm entwickelt, das sich mithilfe von Machine Learning merkt, welche Personen er attraktiv findet und welche nicht. Trainiert wurde das System mit Aufnahmen aus der Google-Bildersuche. Dabei hat er auf den Code des Entwicklers Jeffrey Li zurückgegriffen, einem Datenwissenschafter, der auf Github erstmals ein derartiges Programm angeboten hat.

Bot chattet auch

Lis Software nutzt deswegen die Google-Suche, weil sie sonst Profil für Profil mit den Fotos der anderen Tinder-Nutzer hätte gefüttert werden müssen. Dort allerdings stufte Li wesentlich mehr Personen als unattraktiv denn attraktiv ein. So hätte das System nicht nur viel weniger Daten, um Kriterien für Attraktivität zu errechnen, sondern das Training würde auch wesentlich mehr Zeit in Anspruch nehmen.

Winters führte diese Idee weiter. Seine Version der Software beurteilt nicht nur die Attraktivität der Personen auf den Profilfotos, sondern übernimmt bei einem gegenseitigen Treffer auch das Chatten mit dem Gegenüber. Und während das für den Belgier sehr gut funktioniert haben dürfte, gefiel es Tinder selbst eher weniger – das Unternehmen hat ihn kurzerhand gesperrt.

Kritik in den letzten Wochen

Dating-Apps wie Tinder und Co sind in den letzten Wochen zunehmend in Kritik geraten: So würden sie laut einer Untersuchung des norwegischen Verbraucherschutzverbands NCC gegen die seit Mai 2018 geltende EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstoßen. Insgesamt hat NCC neben Tinder weitere beliebte Apps wie die Grindr, die Make-up-App Perfect 365 oder die Menstruations-App Mydays untersucht.

Es wurde jeweils erhoben, welche Daten an welche Drittanbieter weitergegeben werden. Das Ergebnis: Die zehn Apps lieferten sensible Daten an 135 Unternehmen, unter anderem die IP-Adresse und GPS-Standorte, Daten über sexuelle Ausrichtung, politische Einstellung und eingenommene Medikamente. Empfänger sind zum Teil bekannte Technologieriesen – so bekommt Googles Marketingfirma Doubleclick von acht der zehn untersuchten Apps Daten übermittelt, Facebook sogar von neun. (red, 4.2.2020)