Sektionschef Christian Pilnacek nahm ein Treffen mit Beschuldigten "aus Höflichkeit" wahr, es bescherte ihm wohl eine Vorladung in den U-Ausschuss.

Foto: APA/Punz

Die Machtspiele im Justizministerium nehmen wieder an Fahrt auf. Im Mittelpunkt stehen dabei erneut der mächtige Strafsektionschef Christian Pilnacek und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Die beiden hatten sich wegen des Eurofighter-Verfahrens zerstritten. Pilnacek hatte damals vorgeschlagen, einzelne Verfahrensteile zu "erschlagen", um die Ermittlungen zu beschleunigen. Die Folge waren gegenseitige Anzeigen von Pilnacek und Korruptionsstaatsanwälten, per Mediation wurde die Causa befriedet.

Allerdings nur oberflächlich: Die WKStA hat Angst, dass Pilnacek sie mittels einer "Arbeitsgruppe" in ihren Kompetenzen beschneidet. Details dazu berichtete DER STANDARD am Sonntag – etwa, dass Pilnaceks guter Freund Rüdiger Schender in der Arbeitsgruppe sitzt. Allerdings wurde der vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag dorthin entsandt, wie dieser am Montag klarstellte.

Jetzt gibt es die nächsten Vorwürfe gegen Pilnacek. Er hat am 28. Jänner die Raiffeisen-Manager Josef Pröll und Walter Rothensteiner getroffen – beide sind in der Causa Postenschacher rund um die Casinos Austria beschuldigt. Rothensteiner ist Aufsichtsratsvorsitzender des teilstaatlichen Glücksspielkonzerns, Pröll einer seiner Stellvertreter im Kontrollgremium. Beide weisen die Vorwürfe zurück und es gilt die Unschuldsvermutung. Die Opposition befürchtet nun, dass die beiden eine Einflussnahme auf ihr Verfahren erreichen wollten. SPÖ und Neos forderten schon die Ablöse Pilnaceks.

Treffen "aus Höflichkeit"

Dieser bestreitet jegliche Intervention. Tatsächlich hat Pilnacek auch einen Aktenvermerk über das Treffen angefertigt, hielt es also nicht geheim. Laut Pilnacek habe er den Beschuldigten lediglich ihre Rechtslage dargelegt und auf Entscheidungen des Oberlandesgerichts Wien verwiesen. Prölls Sprecher bestätigte diese Darstellung: "Insbesondere wird deutlich klargestellt, dass es keinen wie auch immer gearteten Beeinflussungsversuch gegeben hat". Der Anwalt Rothensteiners gab keinen Kommentar zur Angelegenheit ab.

An der Ministeriumsspitze war man nicht besonders glücklich, als man von dem Meeting erfuhr – die beiden Beschuldigten waren von einem Kabinettsmitarbeiter im Empfangsraum gesehen worden. Als Reaktion sprach Justizministerin Alma Zadić (Grüne) ausführlich mit Pilnacek; dann gab sie die Weisung, dass Treffen mit Beschuldigten nicht wahrgenommen werden sollen.

Pilnacek zeigt sich darüber erfreut, da er künftig auf diese Regel verweisen kann und keine Treffen mehr "aus Höflichkeit" annehmen müsse, so wie bei Pröll und Rothensteiner. Mit dieser Weisung sei die Angelegenheit dann auch abgehandelt, hieß es aus dem Ministerium.

Einladung in den U-Ausschuss

Allerdings werden sich SPÖ, Neos und FPÖ wohl nicht so leicht abspeisen lassen. Alle drei Oppositionsparteien wollen auch dieses Treffen im anstehenden parlamentarischen U-Ausschuss zur Casinos-Affäre behandeln. Jan Krainer (SPÖ) sprach von einem "ÖVP-Spezialservice für Beschuldigte". Außerdem wird nicht ausgeschlossen, dass weitere Informationen über womöglich problematische Treffen nach außen dringen. Das Justizministerium will jedenfalls prüfen, ob es weiteren Kontakt gab.

Im U-Ausschuss aussagen wird vermutlich auch der Ex-Profifußballer und Ex-Novomatic-Partner Peter Barthold. Er kämpft seit Jahren gegen den Glücksspielkonzern Novomatic, um den es auch in der Casinos-Affäre geht.

Barthold behauptet, dass die Novomatic über seine Firmen Geld an den einstigen Politiker Peter Westenthaler (BZÖ) weitergeleitet habe, und wirft der Novomatic Betrug vor. Barthold wollte dazu neue Beweise vorlegen und verlangte im Jänner 2019 eine Einvernahme. Der damalige Justizminister Josef Moser (ÖVP) sagte im April 2019, Ermittler seien mit der Einvernahme beauftragt worden. Später wurde das Verfahren eingestellt, erneut aussagen konnte Barthold bis heute nicht.

Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper nannte Pilnaceks Sektion für Strafrecht in diesem Zusammenhang eine "Blackbox", in der "Verfahren verschwinden". Laut Pilnacek gab es in dieser Causa "weder Weisungen, noch Dienstbesprechungen", vielmehr hätten WKStA und Oberstaatsanwaltschaft übereinstimmend agiert.

Zadić schloss jedenfalls aus, Pilnacek Kompetenzen zu entziehen. Dieser mache "großartige Arbeit in seinem Fachgebiet". Ihr sei die "Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz" aber ein wichtiges Anliegen. Pilnacek kritisierte wiederum die Kritik der Opposition: "Bezeichnenderweise wird hier ein Vorgang, der auch eine menschliche Seite hat, in ein schiefes Licht gerückt." (Fabian Schmid, 4.2.2020)