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Die Hotels in Wuhan werden wohl noch einige Zeit auf Gäste warten, sie wurden zu Quarantänestationen umfunktioniert.

Foto: Chinatopix/AP

Angesichts der immer weiter um sich greifenden Auswirkungen des Coronavirus-Ausbruchs will die Führung in China neue Konjunkturspritzen aufziehen. Gelder sollen unter anderem in die von der Viruskrise besonders betroffenen Bereiche Einzelhandel, Logistik, Verkehr und Tourismus fließen.

Die Notenbank soll voraussichtlich am 20. Februar den Leitzins kappen und binnen Wochen auch die Reserveanforderungen für die Banken (RRR) weiter lockern. Damit soll mehr Geld für die Kreditvergabe losgeeist werden. Die Notenbank PBOC hat jüngst bereits hunderte Milliarden Dollar an Liquidität ins Finanzsystem gepumpt. Derzeit wird die Geldpolitik gelockert.

An den Folgen des Coronavirus sind in China bereits hunderte Menschen gestorben. Wegen der akuten Gefährdungslage haben mehr als 40 ausländische Airlines den Flugverkehr nach China ausgesetzt. Auch in der Volksrepublik gibt es Verkehrseinschränkungen wegen der Viruskrise. Die Millionenstadt Wuhan, wo das Virus zum ersten Mal nachgewiesen wurde, wurde als erste abgeriegelt.

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DER STANDARD

Geschwächte Wirtschaft

Die Krise trifft die auch vom Handelskonflikt mit den USA geschwächte Wirtschaft des Schwellenlandes zusätzlich, die sich vom Turbowachstum früherer Jahre längst verabschiedet hat. Angesichts der abflauenden Konjunktur ist Chinas Zentralbank bereits mehrfach aktiv geworden: Sie senkte den Referenzzins LPR (Loan Prime Rate) seit vergangenem Sommer in mehreren Schritten. Er liegt nun bei 4,15 Prozent. Seit Anfang 2018 hat die PBOC zudem die Reserveanforderungen in insgesamt acht Stufen verringert.

Intern wird in Peking auch über eine Senkung des für heuer angestrebten Wachstumsziels von sechs Prozent diskutiert. Viele Ökonomen halten es ohnehin für nicht mehr haltbar. Wie Insider mitteilten, herrscht in der Führung in Peking die Sorge, dass die Viruskrise das Wirtschaftswachstum zu Jahresbeginn verhageln wird. Die Ratingagentur Moody's erwartet, dass es in den kommenden Monaten zu einem deutlichen Rückgang von Umsätzen und Gewinnen in ganz China vor allem in den Bereichen Verkehr, Konsum, Tourismus und Unterhaltung kommen wird.

Vage Prognosen

Auch die US-Notenbank beobachtet die Situation aufmerksam. "Wenn Chinas Wirtschaft sich verlangsamt, spüren wir das", erklärte Fed-Chef Jerome Powell. Wie hoch der wirtschaftliche Schaden durch das Coronavirus sein wird, lässt sich noch nicht beziffern. Als Anhaltspunkt diente bisher die Sars-Epidemie aus dem Jahr 2003. Die kostete das Land rund drei Prozent Wirtschaftswachstum. Schon jetzt aber ist klar: Der Schaden, den das Coronavirus verursacht, wird größer sein. Die Investmentbank Goldman Sachs geht davon aus, dass die Weltwirtschaft um 0,2 Prozent weniger wachsen wird – setzt dabei allerdings voraus, dass die Krise bis Ende des ersten Quartals als bewältigt gilt.

Schanghai, eine der größten Städte und wirtschaftliches Zentrum des Landes, gleicht einer Geisterstadt. Die meisten Geschäfte, Restaurants und Supermärkte sind geschlossen. Die Menschen beschränken ihre Besorgungen auf das Allernotwendigste. Die Schulferien wurden um zwei Wochen verlängert. So wie die 25-Millionen-Metropole stehen gerade dutzende Millionenstädte still.

Abgeriegelt

Mindestens 24 Provinzen halten sämtliche Fabriken bis zum 10. Februar geschlossen – zusammen machen sie rund 90 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes aus. Wahrscheinlich wird die Schließdauer verlängert. Vor dem Frühlingsfest Ende Jänner haben traditionell Millionen von Wanderarbeitern die Städte verlassen und sind in ihre Heimatdörfer zurückgekehrt.

Damit sich das Virus nicht weiter ausbreitet, muss dringend eine Reisewelle vermieden werden. Die Provinz Hubei, in der das Epizentrum des Ausbruchs liegt, bleibt noch mindestens eine weitere Woche abgeriegelt. Sollte sich das Virus weiter ausbreiten, könnten weitere Provinzen abgeriegelt werden.

Schon jetzt sind die Auswirkungen der chinesischen Produktionsausfälle global zu spüren. Die chinesische Nachfrage nach Öl ist um 20 Prozent eingebrochen. Den Preisdruck wollen Länder wie Saudi-Arabien durch eine vorübergehende Ausweitung der Fördermenge ausgleichen. (Philipp Mattheis, 5.2.2020)