Neben der ungewöhnlichen Kombination von Frauen und Integration, wirft die Aufgabenverteilung unter der ÖVP-Ministerin Susanne Raab Fragen auf. Außer für Kultus und Integration, ist die Ministerin neuerdings auch für Volksgruppenangelegenheiten zuständig. Dies betrifft die sechs in Österreich anerkannten autochthonen Volksgruppen: Burgenlandkroaten, Slowenen, Ungarn, Tschechen, Slowaken und Roma. 

Integrationseindruck 

Im aktuellen Regierungsprogramm werden erstmals seit zehn Jahren Volksgruppenthemen erwähnt. So soll unter anderem eine Anerkennung der Jenischen als Volksgruppe geprüft werden. Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, wie es zu dieser Aufgabenverteilung kommen konnte.

Volksgruppen gehören nun zur Aufgabe der Frauenministerin Raab.
Foto: Robert Newald

Volksgruppenangelegenheiten waren jahrzehntelang Teil des Verfassungsdienstes, der auch Teil des Bundeskanzleramtes ist. Das fatale Bild entsteht jedoch nicht nur wegen der organisatorischen Zuständigkeiten, sondern vor allem wegen des Eindrucks, dass sich Volksgruppen "integrieren" müssten.

Aufgabe der Kultur

Integration ist ein Schlagwort, das die österreichische Politik seit Jahrzehnten – und in den letzten Jahren vor allem negativ – prägt. Allerdings wird damit im alltäglichen Sprachgebrauch meist nicht nur die Anpassung an die "österreichische Lebensweise", sondern vor allem die Assimilation, sprich Aufgabe von Muttersprache und Kultur, verstanden. Hier fällt Österreich in eine Zeit, in der es sich als Deutsch-Österreich definieren wollte oder in die 1970er-Jahre, als deutschsprachige Kärntnerinnen und Kärntner mit Gewalt gegen ihre slowenischsprachigen Mitbürgerinnen und Mitbürger vorgingen, zurück. Noch heute werden Romnja im Südburgenland diskriminiert. Statt ihnen nun zu helfen, werden sie durch die Ressortverteilung zur Integrationsmaterie erklärt, die nun dem Staat beweisen müssen, dass sie es wert sind, ein Teil der Gesamtbevölkerung zu werden. Das erinnert stark an den Umgang einiger osteuropäischer Länder mit ihren Romnja-Volksgruppen.

Probleme werden nicht beseitigt

Was bedeutet das also für anerkannte österreichische Volksgruppen? Sicherlich keine Verbesserung ihrer Situation. Nach wie vor haben Volksgruppen mit einer schwindenden Anzahl an Angehörigen zu kämpfen, die Amtssprachenregelung ist immer noch nicht vollständig umgesetzt und die gesellschaftliche Anerkennung lässt zu wünschen übrig. Bis heute wird das Thema kaum bis gar nicht im Schulunterricht behandelt und so hält sich auch das Wissen über Volksgruppen in der Mehrheitsbevölkerung in Grenzen. Eine Vermischung der Volksgruppenangelegenheiten mit den Integrationsagenden wird diese Probleme nicht beseitigen.

Im aktuellen Regierungsprogramm werden wichtige Themen wie das Minderheitenschulwesen, die Volksgruppenförderung und die Erhaltung der Medien in den Volksgruppensprachen erwähnt. So positiv die Punkte im Regierungsprogramm auch sind, werfen die neuen Entwicklungen die Frage auf, ob die neue Aufgabenverteilung eine Umsetzung dieser Vorhaben überhaupt möglich macht. (Gregor Novak, Laura Sturm, 7.2.2020)

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