Im Keyhouse geht es gruselig her.

Foto: Netflix

Die Locke-Kinder Kinsey, Tyler und Bode entdecken wieder einen Schlüssel.

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Kinsey Locke (Emilia Jones) und ihr kleiner Bruder Bode (Jackson Robert Scott) schauen in der Netflix-Serie "Locke & Key" dem Grauen ins Auge.

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Es ist kalt, es ist klar, und es ist sonnig. Zumindest das Wetter sorgt für einen freundlichen Empfang in Matheson, Massachusetts. Das kleine, idyllische Kaff soll das neue Zuhause der Familie Locke werden. In ihrer alten Heimat Seattle haben sie gar Schlimmes erlebt, der Vater wurde grausam ermordet. Ein Neuanfang muss her, erklärt Witwe Nina (Darby Stanchfield). Wohnen werden sie und ihre Kinder – die Teenies Kinsey und Tyler und Nachzügler Bode – in einem schlossähnlichen Anwesen, das einsam am Rand des Ortes steht. Man ahnt, dieses Haus – schon ewig im Familienbesitz, heruntergekommen und vollgestopft mit alten Möbeln – hat es in sich. Und wie. Nicht umsonst wird es auch das Keyhouse genannt.

Zwischentöne

Locke & Key heißt die neue, zehnteilige Netflix-Produktion, der Streamingdienst zeigt alle Folgen ab Freitag. Die Mystery-Serie basiert auf den Graphic Novels von Joseph King alias Joe Hill, Sohn von Horror-Altmeister Stephen King, und Zeichner Gabriel Rodriguez. Die Reihe wurde zu einem Bestseller und unter anderem mit dem British Fantasy Award ausgezeichnet. Zu Recht. Hill entwirft darin eine gruselige Familiengeschichte, die vor allem von Andeutungen und Zwischentönen lebt.

Der Horror schleicht sich ganz subtil durch die Geschichte und in die Köpfe. Nicht nur in jene der Leser und jetzt dank Netflix auch in jene der Zuschauer, sondern vor allem in die der Protagonisten. Schon bald nach der Ankunft in Matheson merken die Lockes, dass es irgendwas auf sich hat mit dem Ort. Dunkle Geheimnisse, über die man nur hinter vorgehaltener Hand spricht, die manch einer vergessen will und andere dank ihrer Fähigkeit zur Verdrängung schon vergessen geglaubt haben, lauern auf die frisch Zugezogenen.

Nina und ihre drei Kinder haben derweil mit ihrer Trauer zu tun. Jeder von ihnen geht mit dem Tod des Vaters (Bill Heck) – der Lehrer wurde ausgerechnet von Sam ermordet, jenem Schüler, den er am meisten gefördert hat – auf seine Weise um. Tochter Kinsey (Emilia Jones) zieht sich zurück, will vorerst nichts mit ihren neuen Mitschülern zu tun haben, flüchtet in ihr Hobby, zeichnen lenkt ab. Ihr älterer Bruder Tyler (Connor Jessup) versucht es mit Pragmatismus, findet schnell Anschluss, spielt im Hockeyteam, wird auf Partys eingeladen. Doch auch er leidet, Aggressionsschübe sind die Folge.

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Flüsternde Schlüssel

Nachzügler Bode (Jackson Robert Scott) scheint mit dem Umzug das geringste Problem zu haben. Mit seiner umwerfenden kindlichen Naivität und Neugierde entdeckt er sein Umfeld, harrt gespannt der Dinge, die sich da auftun. Und das sind wahrlich keine Kinkerlitzchen. Aus dem Brunnen spricht eine mysteriöse Stimme mit ihm, er ist es auch, der den ersten magischen Schlüssel am Armband seiner Schwester entdeckt. Diesem ersten Schlüssel – mit ihm kann man überall hingelangen – folgen weitere. Jeder hat besondere Kräfte. Mit dem einen schafft man es in andere Köpfe (oder auch in den eigenen), findet dort Erinnerungen. Ein anderer verspricht ein Treffen mit Toten.

Solche Zauberschlüssel sind natürlich begehrte Ware, und so versucht auch die böse Dodge aus dem Brunnen (Laysla De Oliveira) mit harten Bandagen in deren Besitz zu gelangen. Grausam, wie sie ist, spannt sie dafür auch Vatermörder Sam (Thomas Mitchell Barnet) ein. Das Grauen nimmt seinen Lauf, Flucht ist keine Option. Erinnerungen kann man nicht entkommen, man muss sich ihnen stellen. Nur für den, der sich seiner Schuld bewusst ist, gibt es die Chance auf einen Neuanfang. Klar wird aber auch, dass der Tod nicht endgültig ist.

Langer Weg ins Fernsehen

Schon vor rund zehn Jahren wurde an der TV-Adaption von Locke & Key für Fox gewerkt, nach einer Pilotfolge verabschiedete sich der Sender von dem Projekt. 2017 wagte sich Hulu an den Stoff, auch dort blieb es beim Piloten, Netflix übernahm. Andy Muschietti ist als Produzent mit an Bord, er sorgte schon als Regisseur der Es-Filme für Gruseln. Horrorerprobt sind auch die Showrunner Carlton Cuse (Lost, Bates Motel) und Meredith Averill, sie schrieb am Buch für Spuk in Hill House (The Haunting of Hill House, ebenfalls zu sehen auf Netflix) mit. (Astrid Ebenführer, 6.2.2020)