Medienvertreter wurden von Boris Johnsons Kommunikationschef aufgefordert, ein Pressebriefing zu verlassen.

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London/Berlin – Journalisten-Verbände haben Kritik an Boris Johnsons Umgang mit Medien geübt, nachdem Vertreter einiger Medien vom Kommunikationschef des britischen Premiers, Lee Cain, dazu aufgefordert worden waren, ein Pressebriefing zu verlassen, bevor es angefangen hatte. Die Journalisten wurden laut Medienberichten in zwei Gruppen aufgeteilt – nur eine sollte an dem Treffen am Montag teilnehmen.

Paranoia stoppen

Auf die Frage nach dem Grund sagte Cain, man könne informieren, wen und wann man wolle. Laut der Zeitung "The Guardian" (Online-Ausgabe) waren unter anderem Reporter des "Mirror", des "Independent" und der "HuffPost" betroffen. Als Cain die Journalisten zum Verlassen aufgefordert habe, hätten ihre Kollegen – unter anderem von Sendern wie der BBC, ITV, Sky News und Zeitungen wie der "Daily Mail", des "Telegraph", der "Sun", der "Financial Times" und des "Guardian" – beschlossen, ebenfalls zu gehen, anstatt zuzulassen, dass die Downing Street entscheide, wer über die Regierung berichte und wer nicht. Bei dem Briefing hätte es laut dem Bericht um die bevorstehenden Handelsgespräche zwischen Großbritannien und der EU gehen sollen.

Nachrichtenagenturen waren nicht zu dem Treffen geladen. Die Nationale Gewerkschaft der Journalisten Großbritanniens sprach von einem "alarmierenden Vorfall". Die Regierung müsse diese Paranoia stoppen, forderte die Organisation.

"Informationspolitik nach Autokraten-Manier"

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) warf dem britischen Premier vor, wichtige Informationen über den Brexit nur ausgewählten Journalisten zukommen zu lassen. "Das ist Informationspolitik nach Autokraten-Manier, die sich für die traditionsreiche britische Demokratie nicht gehört", teilte der DJV-Vorsitzende Frank Überall am Dienstag in Berlin mit.

Johnson sei schlecht beraten, wenn er den Kampf von Donald Trump gegen Journalisten zum Vorbild seiner Medienkontakte mache, kritisierte Überall. Er lobte das solidarische Verhalten von Korrespondenten etwa der BBC, die aus Protest gegen den Ausschluss ihrer Kollegen das Briefing verließen: "Gut, dass die Kollegen Johnson die Rote Karte zeigen. So geht das nicht."

Bereits mehrfach hatte es Ärger zwischen Johnson und den Medien gegeben. So war seine Rede an die Nation zum Brexit am 31. Jänner von eigenen Mitarbeitern aufgezeichnet worden. Normalerweise übernehmen solche Aufgaben britische Fernsehsender. (5.2.2020)