Die Klinik am Rosenhügel wurde 1912 eröffnet, mittlerweile ist sie Teil des Krankenhauses Hietzing.

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Das Neurologische Zentrum des Krankenhauses Hietzing befindet sich am Rosenhügel im 13. Wiener Bezirk. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs war ein unabhängiges Kuratorium als Verwaltungsorgan eingesetzt. Errichtet worden war das Krankenhaus von einer Stiftung der Familie Rothschild ("Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung"), die bereits seit 1907 existierte.

Wie berichtet, klagt ein Nachfahre der Familie Rothschild nun die Stadt Wien: Nicht der Wiener Magistrat solle das Krankenhaus leiten, sondern wieder eine unabhängige Instanz, wie es sie vor der Auflösung durch die Nazis gegeben hat. Die Stadt Wien hatte 1956 die Stiftung zwar wiederhergestellt, aber den Magistrat mit der Verwaltung betraut. Der Rothschild-Nachfahre befürchtet nun, wie Profil berichtete, dass das Stiftungsvermögen im Fall einer Veräußerung der Stadt zugutekäme und der eigentliche Zweck nicht mehr erfüllt werde. Der Prozess findet am 20. Februar im Bezirksgericht Hietzing statt.

Politisches Hickhack

Doch nicht nur auf juristischer Ebene ist der Fall der Rothschild-Stiftung brisant – auch auf politischer Ebene hat sich ein Konflikt entsponnen. Nun schaltet sich der ehemalige Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Ariel Muzicant, via STANDARD in die Debatte ein: Die Klage sei legitim – dass nun über eine einzelne Stiftung debattiert werde, hält er aber nicht für richtig. "Die Rothschild-Stiftung ist eine von 86 jüdischen Stiftungen. Es war die österreichische Bundesregierung, die sich über Jahre geweigert hat, das Thema der Stiftungen und der Fonds aufzugreifen."

Seitens der IKG habe es 230 Anträge an den Nationalfonds gegeben, die ursprünglichen Zustände wiederherzustellen und zu entschädigen oder Vermögensentschädigungen durchzuführen. Die Antragstellungen aus dem Jahr 2003 liegen dem STANDARD vor. Neben Stiftungen sollten auch Vereine und Kultusgemeinden entschädigt werden. Sie seien aber letztlich nicht behandelt worden, weil man sich auf einen Vergleich geeinigt habe, berichtet Muzicant. Der IKG kamen 36,4 Millionen Euro zugute.

Antisemitische Codes

Worauf reagiert Muzicant? Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) – er hat laut Muzicant "im Prinzip recht" – hatte im Kurier angekündigt, die Rothschild-Stiftung wieder in ihrem ursprünglichen Sinn zu errichten. Was den Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) auf den Plan rief. Entsprechende Forderungen seien "ungeheuerlich". Man brauche keine Nachhilfe in Geschichte. Die Stadt Wien habe immer gezeigt, dass sie verantwortungsvoll mit der NS-Geschichte umgehe. Hacker vermutete vielmehr Eigeninteressen der ÖVP, nämlich dass das Land Niederösterreich profitieren könnte. "Da schaut die Gier aus den Augen heraus", formulierte er es. Der ÖVP-Abgeordnete Martin Engelberg warf Hacker daraufhin vor, sich antisemitischer Codes zu bedienen. Hacker würde mit dem Gier-Sager Assoziationen mit dem Namen der Familie Rothschild wecken. Er spiele "zynisch mit antisemitischen Vorurteilen".

"Unglaubliche Niedertracht"

Muzicant ärgert sich über diese "unverständliche und absurde Behauptung". Das sei "eine unglaubliche Niedertracht". Hacker habe sich stets für die jüdische Gemeinschaft eingesetzt, sei einer der Hauptverantwortlichen dafür, dass das Maimonides-Zentrum, ein Altenheim im zweiten Bezirk, aufgebaut wurde. Er habe als Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien "enorm" dazu beigetragen, die Sozialeinrichtungen der Kultusgemeinde mitaufzubauen. Auch den Bürgermeistern Helmut Zilk, Michael Häupl und Michael Ludwig streut Muzicant, selbst Mitglied der SPÖ, Rosen. Wenngleich es "extreme Verfehlungen in der Stadt Wien in den 40er- und 50er-Jahren" gegeben habe, "aber wo gab es die nicht?", so Muzicant.

Warum Engelberg dann so auf Hacker herumreite? "Erklären kann ich das nur dadurch, dass Engelberg jahrzehntelang versucht hat, irgendetwas zu werden." Muzicant sagt, Engelberg wollte Präsident der Kultusgemeinde werden. "Er scheint eine Art Rachefeldzug zu unternehmen, um gegen die Sozialdemokraten zu schlagen, die hier zum Handkuss kommen, und auf der anderen Seite der Kultusgemeinde Schwierigkeiten zu machen."

Engelberg ist seit 2017 ÖVP-Abgeordneter im Nationalrat. Im Dezember wurde er Mitglied des Kuratoriums des Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus. In der IKG war er bis 2017 Vorstandsmitglied, stimmte dort, wie Dokumente belegen, aber auch gegen Maßnahmen zur Restitution. Muzicant stand der IKG von 1998 bis 2012 als Präsident vor. (Rosa Winkler-Hermaden, 6.2.2020)